Gemeinsam mit meinem Mann unterstütze ich Unternehmen dabei, dass sie die Art und Weise, wie Sie momentan arbeiten, neu denken. Wir sind davon überzeugt, dass Menschen nur dann innovativ, kreativ und effizient arbeiten, wenn sie ihre Arbeit gerne tun. Viele Menschen scheinen aber in Jobs gefangen zu sein, die sie gerade tolerieren. Auch in vielen meiner persönlichen Coachings geht es um die Frage, wie Menschen einen Job finden, der sie glücklich macht. Meiner Meinung nach ist das aber nicht die richtige Frage, die Sie sich stellen sollten.
Es ist, als würden Sie herausfinden wollen, wie Sie Süßes in Ihre Ernährungsgewohnheiten einbauen können, um abzunehmen. Wenn Sie so fragen, übersehen Sie dabei die eigentlich wichtige Frage, nämlich, ob Süßes das überhaupt kann. Die Frage müsste daher lauten „Wer bin ich eigentlich?“. Denn nur die Antworten auf diese Frage zeigen uns unsere eigentlichen Bedürfnisse und Wünsche. Und dieses Verständnis ist der richtige Ausgangspunkt, um zu überlegen, welche Arbeit Sie glücklich machen kann.
Im antiken Griechenland stand eingemeißelt am Tempel des Apollon der Spruch Gnothi seauton. Er bedeutet so viel wie „Erkenne dich selbst“ oder „Erkenne, was Du bist“. Die Inschrift war einerseits eine Warnung an den Menschen vor Selbstüberschätzung, andererseits erinnerte er daran, dass alles Wissen mit Selbsterkenntnis beginnen muss.
Die Sache mit der Selbsterkenntnis ist, dass es gar nicht so leicht ist. So stimmt Studien nach der Eindruck, den wir auf anderen machen, sehr häufig nicht mit dem überein, wie wir uns selbst sehen. Außerdem sind wir sehr schlecht darin, unsere eigenen Fähigkeiten einzuschätzen. Und wir halten uns selbst für schlauer, als wir tatsächlich sind. Ein Grund für diese Unwissenheit liegt in kognitiven Vorurteilen. Hinzu kommt, dass wir uns gerne an das erinnern, was wir gut gemacht haben, aber vergessen, was nicht gut bzw. sogar schlecht gemacht haben.
Sich selbst kennenzulernen ist nicht einfach und bedarf auch einer gewissen Anstrengung. Es reicht nicht, wenn Sie sich selbst beobachten oder andere fragen, was diese glauben. Sich selbst zu verstehen ist eine Suche nach einer tieferen Bedeutung. Es ist eine nach innen gerichtet Reise zu sich selbst. Und diese kann mitunter zu unerwarteten Antworten führen.
In den verschiedenen Religionen finden Sie Anleitungen zu einer solchen Reise. So gibt es im Buddhismus beispielsweise verschiedene Praktiken, um das eigene Selbst besser zu verstehen und zu entdecken. Eine der bekanntesten Praktiken ist die Meditation, die sich auf die Achtsamkeit und das Bewusstsein des gegenwärtigen Augenblicks konzentriert. Der Buddhismus lehrt, dass das Selbst eine Illusion ist und dass wir uns von dieser Illusion befreien müssen, um inneren Frieden zu finden. Im Taoismus wiederum gibt es die Lehre des Wu Wei, die besagt, dass wir uns von unseren Wünschen und Bedürfnissen befreien müssen, um unser wahres Selbst zu finden. Das Christentum geht wiederum davon aus, dass wir uns selbst lieben müssen, um andere lieben überhaupt zu können.
Was bedeutet all das nun für Sie und für Ihren Job? Wie sollen Sie damit Ihre Rechnungen bezahlen? Ich glaube nicht, dass irgendeine dieser Religionen oder Vorstellungen davon ausgeht, dass wir auf alles Weltliche verzichten sollen, um glücklich zu sein. Ich glaube vielmehr, dass wir unsere Arbeit bzw. die Art und Weise, wie wir arbeiten, ein Ausdruck unserer Liebe sein sollte. Das bedeutet nicht, dass wir keine Fehler machen dürfen oder dass wir uns dafür vollkommen aufgeben sollten. Es bedeutet, dass wir uns bemühen sollten, jeden Tag unser Bestes zu geben und das, was wir machen, mit vollem Herzen tun – unabhängig davon, ob Sie in einem Supermarkt arbeiten, andere Unternehmen beraten oder die Buchhaltung machen.
Wenn Sie sich also fragen, was Sie beruflich tun sollten, dann lautet ein Teil der Antwort demnach, dass Sie das, was Sie tun, mit Liebe machen sollten – egal, welche Art diese Arbeit ist. Wenn Sie vor dieser Frage stehen, dann sehen Sie sie als Chance, um zu erkennen, dass Sie auch mit dem jetzigen Job die Möglichkeit haben, anderen zu helfen und Ihr Bestes zu geben. Wenn Sie in diesem Job allerdings nichts finden, das ihnen diese Möglichkeit bietet, ist es an der höchsten Zeit zu überlegen, ob diese Arbeit Ihre kostbare Lebenszeit wirklich wert ist.
Studien zeigen sogar, dass der Erfolg auf dem Fuß folgt, wenn Sie bei der Arbeit nach Ihrem persönlichen Glück streben. Glück kann unterschiedliche Formen annehmen, aber in den meisten Fällen hat es immer mit Liebe zu sich und anderen zu tun.
Der Philosoph und Dichter Kahlil Gibran schrieb „Arbeit ist sichtbar gemachte Liebe. Und wenn ihr nicht mit Liebe, sondern nur mit Unlust arbeiten könnt, dann ist es besser, eure Arbeit zu verlassen und euch ans Tor des Tempels zu setzen, um Almosen zu erbitten von denen, die mit Freude arbeiten.“ Ich denke, was uns Gibran damit sagen wollte, ist, dass wir jeden Tag in unserer Arbeit unser Bestes geben sollten. Ob wir in einem Supermarkt arbeiten, die Buchhaltung erledigen oder uns um unsere Kinder kümmern - wenn Sie Ihre Arbeit dem Wohl anderer widmen, kann das die vielleicht unvollkommenste Arbeit in eine Art Mission verwandeln. Und Sie werden unsere Welt zu einem noch besseren Ort machen.