Das digitale Zeitalter hat die Art und Weise, wie wir in unserem Leben kommunizieren, nachhaltig verändert. Die Technologie erleichtert zwar den schnellen Informationsaustausch, hat aber auch zu schlechten Gewohnheiten bei der Interaktion mit anderen geführt. Vielleicht hat einige von uns auch die Allgegenwart von sozialen Medien ungeduldig, nicht fokussiert oder auch kurz angebunden gemacht. Wir reden oft mehr zueinander, als dass wir wirklich miteinander reden. Oft unterbrechen wir uns, um selbst zum Zug zu kommen und uns in den Mittelpunkt zu bringen.
Statt uns auf andere einzulassen, scrollen wir lieber auf unseren Smartphones herum auf der Suche nach Updates. Unsere Angst, dass wir etwas versäumen könnten, definiert eine neue Form der Interaktion. Eine Studie zeigt z.B., dass häufige Nutzer digitaler Medien doppelt so oft an ADHS erkranken wie ihre Mitmenschen. Zurückgeführt wird diese Entwicklung auf einen kontinuierlichen, ständigen Informationsfluss, der uns zwingt, Informationen schneller zu verarbeiten. Je mehr wir bekommen, desto mehr brauchen wir, um zufrieden zu sein.
Soziale Medien stellen aber vor allem unsere Kommunikationsetikette in Frage. Unser Bedürfnis nach Effizienz hat die Konsequenzen des digitalen Dialogs übertroffen. Menschen sagen zu oft, was ihnen gerade in den Sinn kommt, ohne auch nur kurz darüber nachzudenken, wie der Empfänger ihren Ton und ihre Absicht interpretieren könnte. Wir vergessen die Tatsache, dass sich auf der anderen Seite des Bildschirms ein Mensch befindet.
Wettbewerb als Gespräch getarnt
In meiner Arbeit als Unternehmensberaterin lerne ich viel über Menschen, in denen ich einfach nur beobachte und zuhöre, wie sie sich miteinander unterhalten. Dabei haben sich verschiedene Kategorien gezeigt: Zum Beispiel gibt es egozentrische Menschen, die die Gespräche geschickt immer wieder zu ihrem Lieblingsthema lenken: zu sich selbst. Introvertiertere Menschen andererseits hören oft aufmerksam zu, allerdings teilen sie ungern ihre persönliche Gedanken mit anderen. Ungeduldige Menschen glauben dagegen, alles zu wissen, und unterbrechen häufig, um zu zeigen, wie viel sie wissen. Unsichere Menschen versuchen in Gesprächen sich und andere davon zu überzeugen, dass sie alles mögliche besser als andere können. Und es gibt Energievampire, die Menschen mit ihren langen Geschichten als Geiseln nehmen und jedes alltägliche Detail erzählen.
Viele Gespräche arten schnell in einem Wettbewerb aus, die als Gespräche getarnt sind. Dabei hört keiner dem anderen wirklich zu. Während der andere spricht, formuliert und bereitet das Gegenüber bereits den nächsten Gedanken vor. Ständig wird der andere unterbrochen. Keiner lernt wirklich etwas vom anderen. Es ist vielmehr ein Tanz zweier Egos.
Gespräche, die viel Substanz haben, sind ganz anders. Auch diese starten in der Regel mit ein wenig Small Talk. Der Unterschied ist, dass sie nicht dabei bleiben, sondern sich schnell in ein Hin und Her begeben. Jeder hört dem anderen mit seiner ganzen Aufmerksamkeit zu, niemand dominiert die Diskussion und jeder trägt gleichermaßen zum Gespräch bei.
Wenn wir uns nicht mehr darauf konzentrieren, wie wir das Gespräch auf uns selbst lenken, passiert etwas Erstaunliches: Unser Gegenüber beginnt sich uns zu öffnen und uns zu vertrauen.
Tipps für bessere Gespräche
Im Folgenden finden Sie einige Ideen, wie Sie Ihre Kommunikation verbessern können. Probieren Sie diese Tipps mal aus und beobachten Sie einfach, was passiert.
Hören Sie auf zu versuchen, um jeden Preis richtig zu liegen
Kennen Sie das Bedürfnis, ständig und immer Recht zu behalten? Dieses Gefühl verhindert, dass wir anderen zuhören und sie verstehen. Anstatt zu versuchen, eine Diskussion zu gewinnen, sollten wir uns einfach mal auf den anderen einlassen. Wenn Sie nur sprechen, verpassen Sie die wunderbare Gelegenheit, von anderen zu lernen. Wie arrogant sind wir, wenn wir glauben, alle Antworten zu haben oder wenn wir glauben, dass der andere automatisch unrecht hat?
Wenn wir Fragen stellen wie “Warum glaubst du das? Das interessiert mich wirklich, weil ich dich besser verstehen möchte.”, gewinnen Sie auf diese Weise wertvolle Erkenntnisse. Wir müssen nicht derselben Ansicht oder Meinung sein. Jeder Mensch hat seine eigenen Überzeugungen und Geschichten, die auf seinen persönlichen Erfahrungen beruhen. Wenn Sie aber immer eingeübte Gesprächsthemen hernehmen, sind Sie nicht wirklich im Gespräch. Sie füttern nur Ihr Ego.
Stoppen Sie die One-Man-Show
Auch wenn Sie viele tolle Ideen haben oder einfach eine Menge an persönlichen Geschichten zu erzählen haben, bedeutet das nicht, dass das auch andere interessiert. Wir alle haben unsere Geschichten und unseren Alltag . Wenn wir nur über uns selbst sprechen, dann wirkt es schnell wie eine Aufforderung zu konkurrieren. Das wirkt aber in den seltensten Fällen überzeugend, sondern es zeugt nur von unserer Unsicherheit.
Üben Sie aktives Zuhören und stellen Sie Fragen
Ein altes Sprichwort sagt, dass die Natur uns zwei Ohren und nur eine Zunge gegeben hat. Das deutet doch eigentlich darauf hin, dass wir mehr zuhören als sprechen sollten.
Wenn wir mehr über Menschen und das Leben erfahren wollen, sollten wir jede Person als tolle Gelegenheit fürs Lernen ansehen. Wie Sie selbst haben auch andere ihre eigenen Erfahrungen und Geschichten zu erzählen. Erfahren Sie mehr über das Leben und tauchen Sie in die Welt der Vielfalt ein. (Hier finden Sie ein Video mit Tipps dazu.)
Fazit
Wir alle kennen Momente, in denen wir einfach nur etwas erzählen wollen. Vielleicht ist bei der Arbeit etwas Aufregendes passiert oder wir schwärmen immer noch von einem großartigen Film, den wir gesehen haben. Jeder hat das Bedürfnis, mit anderen seine persönlichen Erfahrungen zu teilen. Das Besondere an guten Gesprächen liegt aber in der Erkenntnis, dass die besten Gespräche ein Geben und Nehmen sind. Es zahlt sich wirklich aus, die Kunst der Gegenseitigkeit in dieser Form öfters als bisher einzusetzen.
Gespräche sollten niemals zu Wettbewerben ausarten. Gespräche bieten vielmehr die großartige Möglichkeit, Kontakte zu vertiefen und zu knüpfen, Emotionen zu teilen, zu lachen, zu weinen und vor allem andere Welten kennenzulernen.
Versuchen Sie mal den einen oder anderen Tipp von oben und lenken Sie auch Ihre eigenen Gedanken mal weg von sich selbst. Es lohnt sich, denn bald werden andere bemerken, dass Sie ein vertrauensvoller Gesprächspartner sind. Das Beste ist jedoch, dass Sie sich mit anderen Menschen auf einer tieferen Ebene verbinden und selber Freude an dieser Art der Gespräche haben.