Unter Psychologen herrscht eine Uneinigkeit darüber, ob emotionale Intelligenz eine „echte“ Form der Intelligenz ist. Intelligenz ist, sehr vereinfacht gesagt, die Fähigkeit, Informationen zu denken und zu verarbeiten. Es ist die Fähigkeit zu argumentieren, zu planen, kreativ zu agieren, Entscheidungen zu treffen, Probleme zu lösen und aus Erfahrungen zu lernen. Ein Großteil der Intelligenz ist angeboren und bleibt auch über die Zeit relativ stabil. Wichtig ist allerdings immer, wie wir unsere Intelligenz einsetzen, welches Wissen wir sammeln und ob wir es auch sinnvoll einzusetzen verstehen.
Emotionale Intelligenz (EQ) hingegen wird als unsere grundlegende Fähigkeit verstanden, unsere eigenen Emotionen zu verarbeiten und zu handhaben bzw. die emotionalen Botschaften anderer zu erkennen und zu verstehen. Ein Teil der Kontroverse über emotionale Intelligenz besteht nun darin, ob derselbe Mechanismus für die Verarbeitung von Emotionen und emotionalen Informationen verantwortlich ist. Intelligenz jeglicher Art ist vor allem dann nützlich, wenn wir sie einsetzen, um unsere Fähigkeiten im Umgang mit unserer Umwelt zu entwickeln und zu schärfen.
Die meisten Menschen betrachten emotionale Intelligenz als eine Fähigkeit, die durch Übung aufgebaut und gestärkt werden kann. Dazu gibt es zwei Ansätze: das „gemischte Modell“, das emotionale Intelligenz als eine Kombination aus Eigenschaften und Fähigkeiten betrachtet, und das „Fähigkeitenmodell“, das emotionale Intelligenz in erster Linie als den Besitz von Fähigkeiten betrachtet. Was viele nicht wissen und damit unbewusst falsch machen, ist, dass emotionale Intelligenz nicht gefördert wird, indem sie mehr von einer Sache machen. Sie können Ihre emotionale Intelligenz vor allem stärken, wenn Sie bestimmte Dinge nicht tun.
Wenn Sie Ihre emotionale Intelligenz stärken möchten, beginnen Sie damit, Ihre Gewohnheiten zu analysieren und arbeiten Sie dann daran, Gewohnheiten, die Ihrem Wachstum im Weg stehen, zu beseitigen.
Hier sind meine persönlichen Top-3-Gewohnheiten, die emotionale Intelligenz blockieren:
1. Andere kritisieren
Wer andere oft und gerne kritisiert, nutzt diese Gewohnheit meistens als eine Art unbewussten Abwehrmechanismus, der darauf abzielt, die eigenen Unsicherheiten zu mindern. Wenn Sie z.B. sagen, dass jemand anderer dumm ist, dann implizieren Sie damit, dass Sie selbst schlauer als diese Person sind. Oder wenn Sie jemanden für eine Entscheidung kritisieren, sagen Sie in Wirklichkeit, dass Sie weitsichtiger sind. All das führt dazu, dass Sie sich besser fühlen.
Jeder ist ab und zu auch mal kritisch. Es ist auch gut, dass wir die Welt um uns herum sorgfältig und auch mal mit einer gewissen Skepsis betrachten. Dieses Denken hilft uns, sicherer durch die Welt zu navigieren und unsere Beziehungen zu kultivieren. Aber wenn es zu einer Angewohnheit wird, alles und jeden zu kritisieren, macht uns das viel mehr blind und engstirnig – gerade uns selbst gegenüber.
Hilfreiche Kritik führt dazu, dass die Welt besser wird. Nicht-hilfreiche Kritik führt dazu, dass man sich kurzfristig selbst besser führt.
Emotional intelligente und selbstbewusste Menschen wissen, dass das Kritisieren anderer ein einfacher Abwehrmechanismus ist. Und dass es weitaus bessere und produktivere Wege gibt, mit den eigenen Ängsten und Unsicherheiten umzugehen.
2. Grübeln über die Vergangenheit
Wir Menschen sehnen uns nach Sicherheit und Kontrolle. Das intensive Nachdenken über die Vergangenheit vermittelt das Gefühl, dass Sie Kontrolle über Ihr Leben haben und so sicherer durch die Zukunft kommen.
Natürlich glauben die meisten Menschen, die endlos über vergangene Fehler und Misserfolge grübeln, nicht wirklich, dass sie die Vergangenheit ändern können. Das Grübeln über die Vergangenheit gibt Ihnen aber die Illusion von Kontrolle – wie flüchtig und vorübergehend sie auch sein mag.
Wenn Sie in der Vergangenheit einen Fehler gemacht haben, ist es natürlich sinnvoll darüber nachzudenken, wie Sie diesen Fehler in Zukunft vermeiden können. Chronische Grübler entwickeln aber unbewusst die Angewohnheit, vergangene Fehler ständig zu wiederholen und auf der Stelle zu treten. Das Gefühl, die Kontrolle zu haben, hilft, von dem Gefühl der Hilflosigkeit abzulenken – was wir eigentlich fühlen, wenn es um vergangene Fehler geht. Aber kein Grübeln oder Analysieren Ihrer vergangenen Fehler wird das ändern, was bereits passiert ist. Wenn Sie mit Ihrem Leben weitermachen wollen, anstatt in der Vergangenheit stecken zu bleiben, müssen Sie die Vergangenheit als einen Teil von Ihnen akzeptieren – einschließlich des Gefühls, hilflos zu sein.
Handeln Sie in der Gegenwart, anstatt in der Vergangenheit zu verweilen. Tun Sie jetzt etwas, das Ihnen dabei hilft, das Leben zu führen, das Sie eigentlich wollen – und widerstehen Sie der Versuchung, eine weitere Szene aus Ihrer Vergangenheit in Dauerschleife zu leben.
3. Erwartungen an andere Stellen
So wie zu viel Nachdenken ein Versuch ist, die Vergangenheit und unsere Gefühle darüber zu kontrollieren, ist die Aufrechterhaltung unrealistischer Erwartungen an andere ein subtiler Versuch, Menschen zu kontrollieren.
Natürlich sehen das die meisten Menschen mit unrealistischen Erwartungen nicht so. Wahrscheinlich sehen Sie Ihre Erwartungen an andere Menschen als eine gute Sache: Hohe Erwartungen an andere zu stellen, sollte sie vielmehr dazu ermutigen zu wachsen, zu reifen und besser zu werden. Auch wenn das Ihr Ziel ist, bleibt es dennoch eine subtile Form der Kontrolle. Sie haben eine Vorstellung davon, was eine andere Person in Ihrem Leben sein, tun oder erreichen sollte, und Ihre Erwartung ist Ihre Art, zu versuchen, dass das auch verwirklicht wird. Wenn die Personen dann Ihren Standards unweigerlich nicht gerecht werden, vergleichen Sie die Realität reflexartig mit Ihren Erwartungen und werden frustriert und enttäuscht.
Natürlich ist es gut und wichtig, sich um die Menschen in unserem Leben zu kümmern, die uns wichtig ist. Aber wenn Sie sich eine Geschichte darüber ausdenken, dass jemand anderer etwas anders oder nach Ihren Vorstellungen machen sollte (d.h. eine Erwartung), werden Sie nur enttäuscht und belasten die Beziehung zu dieser Person. Die Sache ist, dass man andere Menschen nicht ändern kann, auch nicht, wenn Sie davon überzeugt sind, dass es zu deren besten ist.
Die Lösung besteht darin, Ihre eigenen Erwartungen loszulassen. Hören Sie auf, sich und anderen Geschichten darüber zu erzählen, was Sie anderen Menschen wünschen, sondern nehmen Sie die Menschen so, wie sie sind. Jeder ist für sein eigenes Wachstum verantwortlich. Viel zu oft lenken wir uns von uns selbst ab, indem wir damit beschäftigt sind, andere zu retten.
Wenn Sie Ihre emotionale Intelligenz steigern möchten, gehen Sie das Ganze zunächst rückwärts an: Anstatt Methoden anzuwenden, um Ihre emotionale Intelligenz zu verbessern, identifizieren Sie als erstes Ihre Gewohnheiten. Ändern Sie dann die, die Ihnen in im Moment nicht weiterhelfen.
Wenn Sie Ihre Gewohnheiten ändern, um Ihre eigenen Emotionen sowie die anderer besser zu erkennen und zu verstehen, können Sie nicht nur Ihre eigenen psychischen Wunden heilen, sondern Sie werden in allen Lebensbereichen erfolgreicher.