In meinem Berufsalltag habe ich viel mit Menschen zu tun, die ständig wichtige Entscheidungen treffen müssen: Wie muss das Projekt aufgestellt werden? Welche Dinge sind sinnvoll zu priorisieren? Wann sollen Produkte auf dem Markt erscheinen? Welche Zielgruppe sollen angesprochen werden? Im Laufe des Tages kommen auf diese Weise Dutzende an Entscheidungen zusammen, die letztlich viele Menschen betreffen und die Vision, Strategie und Richtung ganzer Unternehmen maßgeblich beeinflussen.
Wenn Sie jemand sind, der oft über alles mögliche zu viel nachdenkt, wissen Sie genau, wie es geht: Ein Gedanke taucht immer wieder in Ihrem Kopf auf und egal, was Sie machen, Sie können einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken. Sie versuchen verzweifelt eine Antwort oder Lösung zu finden. Wird dann noch eine falsche Entscheidung getroffen, bestrafen Sie sich für die wertvolle Zeit und Energie, die Sie in Denken statt in Handeln verschwendet haben. Das Analysieren und das Nachdenken, das normalerweise Ihre Stärke ist, wird zum Problem. Kein Wunder, dass schlaflose Nächte die Folge sind. Im schlimmsten Fall kann diese Art der Grübelei zu chronischen Ängsten oder Depressionen führen.
Anders als von vielen gedacht, ist allerdings übermäßiges Grübeln eine Gewohnheit, die Sie ändern können. Es ist eine erlernte Strategie, die jemand bewusst oder unbewusst gewählt hat, um einen besseren Umgang mit schwierigen Gedanken und Gefühlen zu finden. Die Ursache von Grübeleien sehen Experten darin, dass zu viel Zeit damit verbracht wird, negativen Gedanken nachzuhängen. Die Lösung besteht daher darin, dem unproduktiven Nachdenken weniger Zeit zu schenken. Zu viel zu analysieren und nachzudenken ist nichts, das Ihnen einfach passiert - es liegt in Ihrer Kontrolle.
Das menschliche Gehirn produziert im Laufe eines einzigen Tages Tausende Gedanken, Assoziationen und Erinnerungen. Die meisten dieser Gedanken kommen und gehen, ohne dass wir es überhaupt merken. Einige dieser Gedanken ziehen aber Ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Es sind vor allem Gedanken, die eine Vielzahl von Assoziationen auslösen und dadurch hypothetische Szenarien ermöglichen. Es sind Aussagen wie „Was ist, wenn ich die falsche Entscheidung treffe?“ oder „Was könnte passieren, wenn…?”. Diese Gedanken sind dem Ursprungsgedanken zumeist sehr ähnlich. Versuchen Sie es einmal selbst: Wenn Sie dem ersten Gedanken keine Aufmerksamkeit schenken, sondern ihn ignorieren, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit wieder vorbeiziehen.
Die Sache ist also die: Es ist nicht der auslösende Gedanke an sich, der Sie so beschäftigt und eine Vielzahl von unangenehmen Symptomen auslöst. Die Probleme entstehen dann, wenn Sie beginnen diesem ersten Gedanken Energie zu schenken, ihn zu analysieren und dadurch weitere Assoziationen auslösen.
Mit der ständigen Grübelei ist es ein wenig wie mit einem Telefonat: Sie haben vielleicht keinen direkten Einfluss darauf, wann das Telefon läutet oder wer Sie anruft, aber Sie können entscheiden, ob Sie das Telefon abheben, mit dieser Person sprechen oder auflegen. Vielleicht haben Sie nicht immer das Gefühl, dass es in Ihrer Kontrolle liegt, aber Sie können jederzeit entscheiden, ob Sie das Telefon abheben oder nicht - genauso wie Sie entscheiden können, sich mit einem Gedanken zu beschäftigen oder nicht.
Eine andere Strategie besteht darin, sich eine Grübelzeit einzurichten. Jedes Mal, wenn ich einen Gedanken habe, von dem ich annehme, dass er mir Sorgen machen könnte, erinnere ich mich selbst daran, diesem Gedanken erst später meine Aufmerksamkeit zu schenken und in diesem Moment meinen Fokus wieder auf etwas anderes zu richten. Wenn ich zu meiner festgelegten Grübelzeit den Gedanken dann wieder hervorholen will, stelle ich oft fest, dass ich mich eigentlich gar nicht an den Auslöser oder den eigentlichen Gedanken erinnern kann. Diese Grübelzeit erlaubt mir, meine gesamte Energie gezielt auf etwas zu fokussieren, ohne den Tribut, den der Stress rund um die Uhr erfordert. Das Spannende ist, dass alle Gefühle, ob positiv oder negativ, vergänglich sind - wenn wir es schaffen, sie loszulassen.
Vielleicht gehören Sie auch zu den Menschen, die ihr Leben lang gegrübelt haben und tief im Inneren davon überzeugt sind, dass dieses Überdenken eine gute Strategie ist. Vielleicht sehen Sie Grübeln sowohl als Problem als auch als Lösung. Ich persönlich glaube, dass es gut und wichtig ist, sich viel Zeit zum Nachdenken zu nehmen. Manches Mal braucht es aber eine Portion Mut, um zu erkennen, dass das viele Grübeln nicht immer notwendig ist. Versuchen Sie sich einmal auf das Experiment einzulassen und auszuprobieren, was passiert, wenn Sie Ihre Grübel-Strategie ändern und Gedanken einfach vorbeiziehen lassen. Vermutlich werden Sie eine große Erleichterung spüren. Wenn das nicht der Fall sein sollte, ist es zumindest sehr unwahrscheinlich, dass die Qualität Ihrer Entscheidungen während dieses Experiments gelitten hat - einen Versuch ist es also wert.
Grübeleien sind oft nichts weiter als eine substanzlose Energie, die wir loslassen lernen können, um ins Tun zu kommen. Letztlich sind Sie nicht Ihre Grübeleien, sondern die Summe von so viel mehr - einschließlich Ihrer Absicht und, was noch wichtiger ist, Ihres Handelns. Grübeln Sie nicht zu viel beziehungsweise erst dann, wenn die Zeit dazu gekommen ist.