Negatives Feedback: Erfahren, Wachsen und Vorwärtskommen

In meiner Arbeit als Design-Thinking-Beraterin gibt es immer einen Teil, in dem das Team (erneut) raus zu den Kunden muss, um Feedback zu ihrer Idee, ihrem Produkt, ihrer Entwicklung einzuholen. Dieser Schritt ist so wesentlich, weil wir nur so lernen und die tatsächlichen Bedürfnisse besser verstehen. Die Antworten, die wir dabei bekommen, helfen uns die bestehenden Lösungen und Ideen zu verbessern, damit sie dann auch wirklich das Zeug haben, die Welt zu verändern.

Aber Feedback ist eine heikle Sache. Es wird immer unterschiedliche Meinungen über was gut und was schlecht, was richtig und was falsch ist, geben, und selbst wenn es einem mit einer freundlichen, ruhigen Stimme überbracht wird, kann es schmerzhafter sein als alles andere. Aber nur durch Rückmeldungen und den Austausch mit anderen können Sie wirklich wachsen. Es zwingt Sie dazu, Ihr Denken und Ihre Entscheidungen zu rationalisieren, und lehrt Sie, Ihren Stolz hinunterzuschlucken.

Aber selbst mit diesem Wissen tun sich viele schwer Feedback einzuholen - die Angst vor einer negativen Reaktion ist oft zu groß. Die Forschung sieht den Grund vor allem darin, dass negatives Feedback mit Gefühlen emotionaler Erschöpfung und Identitätsbedrohung verknüpft ist. Unser Gehirn sieht jedes negative Feedback als Bedrohung, der entgegengewirkt und widerstanden werden muss. Wir schämen uns, wenn die eigenen Handlungen von Standards abweichen, die mit der Selbstidentität assoziiert wird – vor allem dann, wenn diese Abweichungen auf die eigenen wahrgenommenen Fehler zurückgeführt werden können. Das kann das Selbstwertgefühl und den Glauben an die eigenen Fähigkeiten massiv gefährden.

Studien zufolge hat allerdings Feedback in den meisten Fällen keinen oder sogar einen negativen Einfluss auf unsere Leistung. Denn die meisten Menschen geben Feedback auf eine Art und Weise, mit der unser Gehirn nicht gut klarkommt. In meiner Praxis erlebe ich häufig drei Arten von Feedbackgebern: Die einen, die so lange um den heißen Brei herumreden, dass das Gehirn das Gesagte nicht als Feedback erkennt oder einfach verwirrt ist. Die anderen, die brutal und zu direkt ihr Gegenüber in die Defensive treiben. Und die Dritten, die anderen dabei helfen durch Fragen und Ideen die Perspektive zu ändern.

Für eine Studie wurden 200 Personen gebeten, ein Bewerbungsschreiben von einem ihrer Kollegen zu bewerten. Einige Personen sollten diesen Input in Form von klassischem Feedback geben, während andere gezielt konkrete Ratschläge erteilen sollten. Diejenigen, die Feedback gaben, neigten dazu, vage und im Allgemeinen lobende Kommentare zu verfassen („Die Person scheint alle Qualifikationen zu haben und somit passend für den Beruf zu sein“). Diejenigen, die das Feedback als Ratschläge formulierten, lieferten hingegen kritischere und umsetzbarere Vorschläge („Ich würde noch mehr deine Erfahrung mit Kindern herausheben. Das zeigt, dass du weißt, was auf dich zukommt“). Im Vergleich zu denen, die Feedback gaben, warteten die Ratgeber mit mehr als 50% Verbesserungsmöglichkeiten auf, die die Bewerbungsschreiber auch als sinnvoll und hilfreich einstuften.

Wenn Menschen allerdings neu in einem Fachgebiet sind, finden sie kritische und spezifische Eingaben in der Regel wenig hilfreich – zum Teil, weil sie das Gefühl haben, (noch) nicht über die grundlegenden Fähigkeiten zu verfügen, die für eine Verbesserung erforderlich sind. Daher ist es für Anfänger besser, Feedback statt Rat zu erhalten, um weniger demotivierende Kritik und mehr Motivation auf hohem Niveau zu bekommen.

Warum ist es nun in manchen Fällen effektiver, um Rat als um Feedback zu bitten? Gerade negatives Feedback wird häufig mit einer persönlichen Bewertung verbunden. In der Schule erhalten wir Feedback in Form von Zahlen, später bekommen wir im Berufsleben Leistungsbeurteilungen. Aufgrund dieser Verknüpfung zwischen Feedback und Bewertung konzentrieren sich Menschen, die um Feedback gefragt werden, häufig auf die Beurteilung der Leistung anderer basierend auf deren vergangenen Leistungen. Sie denken mehr darüber nach, wie andere in der Vergangenheit abgeschnitten haben könnten. Das macht es schwieriger, sich die Zukunft und eine möglicherweise bessere Leistung der Person vorzustellen. Dadurch werden weniger kritische, dafür aber umsetzbare Beiträge geliefert.

Menschen, die um Rat gebeten werden, konzentrieren sich weniger auf die Bewertung vergangener Leistungen als auf zukünftige Maßnahmen. Die Vergangenheit ist und bleibt unveränderlich, aber die Zukunft steckt immer voller Möglichkeiten. Wenn Sie also jemanden direkt um Rat fragen, führt das dazu, dass er oder sie automatisch eher nach vorne über zukünftige Verbesserungsmöglichkeiten nachdenkt und sich weniger an die vergangenen Dinge erinnert, die Sie ohnehin nicht mehr ändern können.

Wenn ich Teams rausschicke, um sich gezielt Feedback auf eine Idee einzuholen, erinnere ich sie immer, dass das Feedback, das sie gleich zu hören bekommen, nichts mit ihnen als Mensch zu tun hat. Es geht lediglich darum zu erkennen, ob die Idee, an der sie gearbeitet haben, das Ziel erreicht hat. Wir können nicht kontrollieren, was andere Menschen zu uns sagen oder was sie über uns denken. Aber wir können immer kontrollieren, wie wir das Gesagte verinnerlichen, darauf reagieren, daraus lernen und wann wir es loslassen und weitermachen.