Keine Panik: 4 Wege, um die Kontrolle über Ihre Emotionen zu behalten

Schon seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, dass sich viele Menschen überfordert fühlen und versuchen ihren Stress durch unhöfliches oder unbeholfenes Verhalten zu kompensieren. Kein Wunder, denn unser Arbeitsleben wird immer anspruchsvoller und stellt uns in einem nahezu unerbittlichen Tempo vor immer komplexere Herausforderungen. Eine typische Reaktion auf die ständig wachsende Arbeitsbelastung besteht im Normalfall darin, härter zu arbeiten und mehr Stunden zu investieren, anstatt einen Schritt zurückzutreten und eine neue Arbeitsweise zu finden.

Obwohl Stress oft negativ wahrgenommen wird, können erste „leichte“ Anzeichen, wie plötzliche Sorgen oder wiederkehrende Gedanken, Hinweise darauf sein, dass Ihr Gehirn versucht, Ihnen bei der Lösung eines Problems zu helfen. Wenn Sie zum Beispiel in Ihre Arbeit vertieft sind und plötzlich an die anstehende Präsentation nächste Woche denken, kann das ein Weckruf sein, sich mit der Vorbereitung zu befassen.

Wenn Sie diese Sorgen aber übergehen und die Präsentation aus Ihrem Kopf verdrängen, wird Ihr Gehirn auf primitivere Stressbewältigungsmechanismen zurückgreifen - wie ruppiges Reagieren auf vermeintliche Unhöflichkeit, vorschnelle Beleidigungen oder ungerechtfertigte Vorwürfe. Diese emotionalen Überreaktionen sind Teil unseres „Kampf-oder-Flucht“-Systems, das unser Gehirn verwendet, um auf unmittelbare Gefahren zu reagieren. Dieses System wurde in unserer evolutionären Geschichte entwickelt, um Raubtieren zu entkommen oder selbst anzugreifen.

Heutzutage wird es in Situationen ausgelöst, in denen Sie sich plötzlich einer physischen Bedrohung gegenübersehen. Es kann aber auch durch gedachte oder antizipierte Gefahren aktiviert werden, wie die Vorstellung, dass Ihre Präsentation ein Fiasko wird. Die Ursache dafür liegt in der Amygdala, einem Teil des Gehirns, der grundlegende emotionale Reaktionen auf äußere Reize, einschließlich Gefahren, auslöst. Diese Reaktionen können dazu führen, dass wir plötzlich für uns selbst unerwartete Dinge sagen oder tun.

Emotionale Überreaktionen mögen unseren Vorfahren in der Vergangenheit beim Überleben geholfen haben - sie sind jedoch oft unangemessen in modernen zwischenmenschlichen Situationen. So sollten politische Meinungsverschiedenheiten beispielsweise normalerweise nicht zu dem Gefühl einer existenziellen Bedrohung führen. Trotzdem beeinflussen diese Reaktivität nicht nur unsere persönlichen Beziehungen, sondern vor allem auch unsere Entscheidungsfindung. Studien haben gezeigt, dass unsere automatischen emotionalen Reaktionen auf Konflikte oft im Widerspruch zu unseren Interessen stehen.

Die Kontrolle über Emotionen zu behalten ist nicht einfach, aber es ist machbar. Der Ausdruck von Emotionen beginnt mit der Auseinandersetzung unserer Gefühle. Es ist wichtig, Verantwortung dafür zu übernehmen, wie wir diese Emotionen ausdrücken und wie sich diese Ausdrücke auf die Menschen um uns herum auswirken. Hier ein paar Tipps:

  1. Vermeiden Sie es, zu stark zu dramatisieren: Wenn Sie zu Sätzen neigen, wie „Das ist das Schlimmste, das mir jemals passieren konnte!“, machen Sie sich bewusst, dass diese weder Ihrer tatsächlichen Meinung noch der Realität entsprechen. Nicht jeder schätzt eine Drama Queen, und Aussagen wie diese helfen Ihnen auch nicht, gute Lösungen auf Probleme zu finden. Diese Art der Ausdrucksweise bringt vielmehr Ihre Gedanken durcheinander und verschlimmert meistens noch die Situation.

  2. Identifizieren Sie die Hauptursache für Ihre Reaktion und reduzieren Sie sie: Fragen Sie sich, was zu Ihrer Reaktion geführt hat. Wenn Sie zum Beispiel erkennen, dass Sie aufgrund eines großen Projekts extrem gestresst sind und schnell überreagieren, dann versuchen Sie es schnell zu beenden. Oder wenn Sie die schiere Größe der Aufgabe überfordert, teilen Sie sie in überschaubare Komponenten auf, fordern Sie zusätzliche Ressourcen an oder verhandeln Sie die Frist neu. Oder machen Sie alle oben genannten Möglichkeiten.

  3. Stellen Sie Ihre Annahmen in Frage: Wenn das Gefühl, überfordert zu sein, ein ständiger Kampf ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie unbewusst Annahmen haben, die Sie in unproduktiven Verhaltensweisen festhalten. Vielleicht haben Sie die Überzeugung, dass andere von Ihrer Hilfe abhängig sind oder dass das Unternehmen ohne Ihren Einsatz kläglich scheitern wird. Während sich diese Gedanken real anfühlen, treffen solche einschränkenden Überzeugungen ziemlich sicher nicht zu 100% ein. Vielmehr halten sie Sie in alten Mustern fest, was Ihren Stress erheblich erhöht. Indem Sie diese Überzeugungen erkennen und entlarvten, erweitern Sie bereits Ihre zuvor eingeschränkte Sicht auf die Welt.

  4. Zählen Sie bis 30 und atmen Sie: Untersuchungen haben gezeigt, dass Zählen unter bestimmten Umständen gut funktioniert: Die Auferlegung einer 30-sekündigen Reaktionsverzögerung verringerte bei den Probanden deren Aggressionspotenzial erheblich - jedoch nur dann, wenn die Aggressivität negative Konsequenzen nach sich zog (z.B. doch nicht den Kunden zu beleidigen, da die Gefahr zu groß war, dass sich diese Person danach bei der Führungskraft beschweren könnte).

Die erhobene Stimme, zugeschlagenen Türen und Augenrollen können dabei helfen uns kurzfristig Luft zu machen. Wir alle erleben Sorgen und Stress im Laufe unseres Lebens, es ist ein völlig normaler Teil unseres Daseins. Aber vergessen Sie nicht: Schlechte Gefühle sind zunächst unangenehm, aber sie haben einen wichtigen Zweck. Sie sind Zeichen eines lebendigen Menschen in einer komplexen Welt. Das Ziel sollte nicht sein, unangenehme Gefühle, Stress oder Angst zu eliminieren, sondern einen für uns guten und gesunden Umgang damit zu finden.