3 Strategien von resilienten Menschen

Die letzten Wochen haben sich in meinem Leben als eine Art Bewährungsprobe gezeigt: Durch meine Handverletzung ausgebremst, hatte ich plötzlich unerwartet viel Zeit, um über mein Leben und meine Ziele nachzudenken. Dabei fand ich mich in einer Situation wieder, die ich schon vor ein paar Jahren durchgemacht habe, als mir meine Ärzte erklärten, dass die chronische Krankheit, die mich heimgesucht hat, momentan nicht heilbar wäre und mein Leben deutlich verkürzen würde. Über Nacht bekam ich damals eine neue Identität und all das, was ich vorher in meinem Psychologiestudium und in den schlauen Büchern gelesen habe, schien schlagartig absurd.

Plötzlich war ich diejenige, die ständig Ratschläge bekam und das meiste, was ich hörte, gefiel mir überhaupt nicht. Mir wurde gesagt, dass ich all das, was ich mir vorgenommen habe, nicht mehr machen konnte. Dass ich mein Leben umstellen musste und dass die Welt für mich nicht mehr so sein sollte, wie sie war. Ratgeber beschrieben die fünf Phasen der Trauer: Wut, Verhandeln, Verleugnung, Depression und Akzeptanz. All die Hilfestellungen, die ich bekam, hinterließen bei mir das Gefühl, Opfer zu sein, überfordert bei dem Gedanken an den bevorstehenden Weg und vor allem machtlos.

Ich wollte nicht, dass Menschen mit mir Mitleid haben – ich wollte, dass mir jemand zeigt, wie ich aus all den Qualen und Schmerzen herausfand. Am entmutigendsten war es, anderen Leuten zuzuhören, die mir rieten, meine Ambitionen und Träume einzuschränken und meine Hoffnungen an das, was ich vom Leben zu erwarten hatte, zu ändern. Die Tatsache, dass jemand, der nicht ich war, meinen Träumen und Ambitionen Grenzen setzte, war absurd und inakzeptabel. Also habe ich sie ignoriert. Stattdessen probierte ich selbst das aus, was ich anderen vorher immer auf dem Weg gegeben hatte: Das Wissen, dass sie sich auch aus allen Widrigkeiten erheben können – dass es durchaus möglich ist, auf bestimmte Weise zu denken und zu handeln, um schwierige Zeiten zu überstehen.

Ich bin davon überzeugt, dass weder radikaler Hedonismus noch die Beseitigung schlechter Gefühle der Weg zu einem guten Leben ist. Um es klarzustellen: Ich spreche nicht von medizinischen Problemen wie klinischer Depression oder Trauma. Ich spreche von der Traurigkeit und dem Unglück, die zu einem normalen Leben dazugehören. Untersuchungen haben herausgefunden, dass viele der bedeutsamsten Erfahrungen in unserem Leben sehr schmerzhaft sind. In einer Studie baten Forscher die Probanden, sowohl die positiven und negativen Emotionen als auch die Sinnhaftigkeit anzugeben, die sie mit ihrer Ausbildung und ihren Beziehungen verbanden. Die Teilnehmenden berichteten, dass diese Dinge ihnen enorme Bedeutung verliehen, aber der Preis dafür hoch war. Das Fazit der Forscher lautet, dass Sinn immer negative Gefühle und Verlustangst beinhaltet.

Im Folgenden finden Sie meine bewährten Strategien, auf die ich mich in meinen dunkelsten Tagen verlasse und die mich immer wieder retten:

1. Akzeptieren Sie, dass schlechte Gefühle Teil des Lebens sind

Wir leben in einer Zeit, in der viele von uns das Gefühl haben, von perfekten Leben umzingelt zu sein. Strahlende, glückliche Fotos auf Instagram sind die Norm, obwohl wir alle wissen, viel öfter das genaue Gegenteil der Fall ist. Menschen, die resilient sind, scheinen zu wissen und zu akzeptieren, dass Leiden, Sorgen und negative Gefühle zum Leben eines jeden Menschen gehört. Negative Ereignisse sind in jedem Leben unvermeidlich, negative Gefühle jedoch sind flüchtig, es sei denn, wir entscheiden uns, an ihnen festzuhalten.

Versuchen Sie daher nicht, schlechte Gefühle zu vermeiden, sondern entscheiden Sie sich dazu, diese Gefühle durch sich hindurchgehen zu lassen. Stellen Sie sich vor, Sie würden sich in ein paar Monaten nicht mehr schlecht fühlen. Sie werden erstaunt sein, wie gut Ihnen das hilft, in der Gegenwart Perspektive und Erleichterung zu erlangen.

2. Wählen Sie sorgfältig aus, worauf Sie Ihren Fokus richten

Wir Menschen sind gut darin, Bedrohungen und Schwächen schnell zu erkennen. Diese Eigenschaft hat uns in unserer Vergangenheit als Höhlenmenschen gute Dienste geleistet. Das Problem ist, dass wir heute in einer Zeit leben, in der wir den ganzen Tag lang von verschiedenen Arten von Bedrohungen bombardiert werden – von unrealistischen Terminen und toxischen Kollegen bis hin zu Rechnungen oder schwierigen Prüfungen. Unsere Stressreaktion ist permanent hochgefahren und alle Bedrohungen wirken wie der Säbelzahntiger, der uns zerfleischen will.

Resiliente Menschen haben die Eigenschaft, sich auf Dinge zu konzentrieren, die sie ändern können, und die Dinge, die nicht in ihrer Macht liegen, loszulassen. Sie haben einen Weg gefunden, der in der Psychologie „Nutzenfunktion“ genannt wird. Dabei geht es darum, Dinge zu finden, für die wir dankbar sein können. Wenn Sie eine schwierige Zeit durchmachen, brauchen Sie vielleicht eine Erinnerung oder Erlaubnis, dankbar zu sein. Wenn es mir oder meinem Mann schlecht geht, nehmen wir den anderen in den Arm und flüstern ihm ins Ohr „Und wenn es nicht gut ist, dann ist es nicht das Ende“. Dieses Mantra hilft uns uns zu erinnern, dass wir bis jetzt aus jeder Widrigkeit herausgefunden haben und dass es immer einen Weg gibt. Finden Sie die Worte, die für Sie passen.

3. Hilft Ihnen das, was Sie tun, oder schadet es Ihnen?

Diese immens mächtige Frage wird in der Therapie häufig gestellt, und sie ist meine Standardfrage in Tagen, in denen alles schief zu laufen scheint. Diese Frage kann in so vielen verschiedenen Zusammenhängen gestellt werden. Sie könnten sich zum Beispiel fragen: „Hilft mir meine Denk- und Handlungsweise oder schadet sie mir bei meinem Versuch, diese Beförderung zu bekommen?“ „Hilft mir dieser Gedanke dabei, diese Prüfung zu bestehen?“ Indem Sie sich fragen, ob es Ihnen wirklich dabei hilft, weiterhin in den sozialen Medien zu surfen oder den alten Streit wieder aufzuwärmen, nehmen Sie das Steuer wieder in die Hand. So haben Sie die Kontrolle über Ihre Entscheidungen.

Im Gegensatz zu dem, was viele von uns denken, ist Resilienz keine Eigenschaft, die manche Menschen besitzen und manche nicht. Vielmehr erfordert sie die Bereitschaft, Strategien auszuprobieren und zu überlegen, was Ihnen hilft. Wir alle haben Momente im Leben, in denen unser Weg in eine Richtung abdriftet, die wir nicht erwartet und sicherlich nicht gewollt haben. Wenn Sie sich jemals in einer Situation befinden, in der Sie denken: „Es gibt keinen Ausweg“, rate ich Ihnen, sich zuerst bewusst zu machen, das Leid zum Leben dazugehört und sich bewusst auf das Positive in Ihrem Leben zu konzentrieren. Überlegen Sie dann, welche Denk- und Handlungsweise Ihnen hilft.

Natürlich ist es nicht immer leicht so zu handeln und der Schmerz geht deswegen nicht gleich weg. Aber das ist okay. Negative Emotionen wie Traurigkeit, Wut, Angst und auch Ekel existieren, um uns zu schützen. Wir erleben sie unwillkürlich als Reaktion auf Umweltreize. Das Leben ist ein Geschenk, und mit unserer Existenz geht nun mal Leiden einher. Natürlich möchte niemand, dass etwas Schlechtes passiert. Wenn Sie für Ihr Leben dankbar sind, dann müssen Sie auch für alles dankbar sein, das passiert. Vergessen Sie nicht: Die Bedeutung unseres Schmerzes und die Vorteile, die er unserem Leben bringen kann, hängen immer davon ab, wie wir ihn nutzen.