Was Sie wissen müssen, um einen guten Eindruck zu hinterlassen

Der erste Eindruck ist unbestreitbar mächtig – egal, in welchem Bereich. In meiner Arbeit basiert viel auf dem ersten Eindruck: Denn die Unternehmen, die ich begleite, befinden sich oft in schwierigen Situationen, in denen Unsicherheit und Ängste herrschen. Das bedeutet, dass die Menschen mir von Beginn an vertrauen und mich für kompetent bewerten sollten. Und ich muss schnell einschätzen, mit was für Menschen ich zusammenarbeite, um die besten Wege zu finden, sie zu unterstützen. Ein Teil meiner Arbeit besteht auch darin, fremde Menschen auf der Straße zu befragen - teilweise alleine und teilweise mit meinem Kunden. Und dafür braucht es die Fähigkeit, gut einzuschätzen, wer für ein Gespräch bereit ist, wie die Antwort bewertet werden soll und wer lieber ungefragt bleibt. Das Problem ist, das wir dabei unzähligen Denkfehlern unterliegen (so viele, dass ich darüber sogar ein eigenes Buch geschrieben habe).

Über Millionen von Jahren haben unsere biologischen Vorfahren die Fähigkeit entwickelt, sich in Sekundenbruchteilen einen ersten Eindruck über andere zu entwickeln. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen in nur 39 Millisekunden entscheiden, ob jemand eine lebensgefährliche Bedrohung darstellt oder nicht. Zu wissen, ob ein Gegenüber Ihnen ans Eingemachte möchte oder harmlos ist, hat die natürliche Selektion beeinflusst. Auch die Einschätzung über die Vertrauenswürdigkeit - ob Ihr Gegenüber Sie zwar nicht umbringen, aber übers Ohr hauen will - geschieht in weniger als 100 Millisekunden.

Für Merkmale wie Kompetenz, Sympathie, Aggressionspotenzial, aber auch Attraktivität brauchen wir hingegen etwas länger (etwa 500 Millisekunden). Diese Einschätzung ist für uns nicht mehr so wichtig, weil es nicht mehr ums nackte Überleben geht. Vielmehr ist es eine Verfeinerung unserer ersten Urteile und das benötigt schlicht mehr Zeit - schließlich wollen wir unserer Sache sicher sein. Das ist auch gut, denn nicht selten stehen unsere sehr schnell getroffenen ersten Einschätzungen zu sehr in Widerspruch zu dem, was wir später über eine Person denken. Und einmal getroffene Urteile sind schwer zu ändern.

Wenn Sie also jemanden zum ersten Mal begegnen, beantworten Ihre beiden Hirn in Blitzgeschwindigkeit drei Fragen: Ist er oder sie eine Bedrohung für mein Leben? Kann ich ihm oder ihr vertrauen? Wie hoch ist die Kompetenz dieser Person? Anders gesagt: Innerhalb von Sekunden schließen wir Menschen als potentielle Liebhaber oder neue Mitarbeiter aus - und werden ausgeschlossen.

Nun ist aber die Fehleranfälligkeit für diese Urteile, wie Studien zeigen, sehr hoch (die Evolution hat Geschwindigkeit der Genauigkeit vorgezogen. Lieber ein zu schnelles, negatives Urteil, als tot zu sein, weil man sich geirrt hat). Menschen können aus vielen verschiedenen Gründen zu falschen Urteilen gelangen: Wenn Sie zum Beispiel bei der ersten Begegnung nervös sind, spiegeln Ihr Gesichtsausdruck und Ihr Verhalten möglicherweise nicht Ihr normales Verhalten oder Ihre tatsächliche Kompetenz wider. Vielleicht sind Sie angespannt und runzeln unbewusst Ihre Stirn. Oder Sie beginnen bei einem Thema zu stottern, das Sie in- und auswendig kennen (dieser Denkfehler, bei dem Ihr Gesprächspartner Ihnen ein Verhalten zuspricht, das eigentlich von den Umständen und nicht von Ihrer Persönlichkeit bedingt ist, nennt sich im Übrigen Attributionsfehler).

Es dauert rund sieben Sekunden, um einen ersten Gesamteindruck zu hinterlassen, der dann wiederum schwer zu revidieren ist. Neben Aussehen, Haltung und Stimme werden dabei ganz subtile Gesichts- und Stimmsignale herangezogen, die komplexere Verarbeitung bedürfen. Dazu ziehen wir noch implizite Einstellungen zu Rate, derer wir uns aber nicht bewusst sind. Diese Merkmale unterscheiden sich sogar in verschiedenen Kulturen leicht voneinander: So bilden in China die Menschen ihren ersten Eindruck eher auf Grundlage von Kompetenz, als auf der Grundlage von körperlicher Stärke. All diese Beurteilungen werden zu einem ständigen Tanz zwischen objektiven Informationen und selektiver Signalauswertung.

Wir alle neigen dazu, nach einem ersten Gespräch selbstkritisch zu sein und fälschlicherweise anzunehmen, dass wir einen schlechten ersten Eindruck gemacht haben (schuld daran ist der sogenannte „Spotlight-Effekt“, der uns glauben lässt, dass andere sich übermäßig auf uns konzentrieren und uns für jede Unvollkommenheit, jede unangenehme Frage oder jeden schlechten Witz verurteilen). Es gibt aber zum Glück einen einfachen Trick, um vertrauenswürdig und kompetent zu wirken: Sie müssen dazu einfach nur lächeln. Anders als Angst oder Wut, die Alarm und Misstrauen wecken, schätzen andere Sie als sicher ein, wenn Sie lächeln. Aber Vorsicht: Ich spreche nicht von dem Psycho-Grinsen eines Jack Nicholsons in „The Shining“. Dieses Grinsen führt nur zu Panikattacken und Fluchttendenzen Ihres Gegenübers. Sie müssen ein Lächeln schaffen, das mit echtem Glück in Verbindung gebracht wird.

Generell gilt: Wenn Sie jemanden zum ersten Mal treffen, hinterfragen Sie die Signale, die Ihr Gehirn über Ihr Gegenüber sendet. Ich sage nicht, dass Sie Ihr Bauchgefühl ignorieren sollen: Sie sollten es nur nicht unbedingt wortwörtlich nehmen, sondern hinterfragen. Die Person könnte einfach nur nervös oder schüchtern sein. Wenn Sie das nicht tun, lassen Sie sich ansonsten vielleicht die Chance entgehen, einen großartigen Menschen näher kennenzulernen.