Warum Sie andere Menschen unbedingt beurteilen sollten

Viele meiner Unternehmensberatungen drehen sich aktuell um die Frage, wie Unternehmen Mitarbeitende finden und vor allem halten können. Dabei habe ich festgestellt, dass manche Führungskräfte eine sehr vereinfachte Sicht über den Arbeitsmarkt bzw. über die Tatsache haben, warum Menschen eigentlich arbeiten. Es geht um so viel mehr als um Geld. Es sind vor allem Dinge, wie die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns, die Herausforderungen und auch die Anerkennung anderer, die Menschen antreibt, im Job ihr Bestes zu geben.

Nun gleicht zum Glück aber kein Mensch dem anderen. Auch bei der Frage der Motivation gibt es einfach keine One-Size-Fits-All-Lösung. Jeder Mensch hat seine individuellen Werte und Motive, die er oder sie verfolgt, um so zur persönlichen Erfüllung zu gelangen. Die eigenen Motive zu kennen, also zu wissen, was einen wirklich antreibt, ist aber auch deswegen so wichtig, weil sie genau der Kern der eigenen Individualität sind.

Wenn Sie Ihre wahren Motive und Werte kennen, wissen Sie, wer Sie wirklich sind. Dann wartet ein spannender Weg voller Wunder und Abenteuer auf Sie. Wenn Sie diese Werte und Motive allerdings ignorieren oder auch falsch interpretieren, kann Ihre Reise durch das Leben sehr mühsam, schleppend und trostlos verlaufen.

Sie können Ihre persönlichen Motive mittels eines einfachen Tricks identifizieren: Achten Sie darauf, wie Sie auf Menschen, die Ihnen im Laufe des Lebens begegnen, reagieren. Es liegt in der menschlichen Natur, dass wir andere Menschen, kaum kreuzen sie unseren Weg, beurteilen. Sie können diese Sache ganz gezielt für sich nutzen: Entwickeln Sie ein Bewusstsein dafür, auf wen Sie warum reagieren.

Probieren Sie es gleich aus: Überlegen Sie kurz, woran Sie z.B. gestern gedacht, als Sie einen Kollegen, einen Fremden im Supermarkt oder einen Menschen im Fernsehen gesehen haben. Was haben Sie bei der Begegnung gedacht? An dieser Stelle eine kurze Warnung: Dieser Schritt hört sich so einfach an, aber der Mensch neigt dazu, sich selbst zu belügen. Motive setzen sich aus tief verwurzelten Gefühlen zusammen, zu denen subtile Vorlieben, geheime Wünsche und Sehnsüchte gehören, die nicht immer offen sind, sondern die sich gerne verstecken. Sie müssen also wirklich ehrlich zu sich selbst sein, wenn Sie Ihre persönlichen Werte herausfinden wollen.

Sie erkennen, dass Sie auf der richtigen Spur sind, wenn Sie plötzlich ein lebhaftes Gefühl bekommen. Es spielt keine Rolle, ob dieses Gefühl positiver oder negativer Natur ist - es muss einfach stark sein. Es geht darum, dass Sie mit Ihrem inneren Kern in Verbindung treten.

Nehmen wir ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie sehen ein Fernsehinterview von einer Politikerin. Ihr erster Gedanke dabei ist „Wie kann sie wirklich glücklich sein, wenn sie ständig nur das sagt, was sie glaubt, das andere hören wollen? Wenn sie instrumentalisiert ist?” Wenn Sie einen solchen Gedanken haben, könnte das ein guter Hinweis darauf sein, dass Anerkennung für Sie kein starkes Motiv ist. Oder: Wenn Sie mit jemanden sprechen, der Ihnen von seinem letzten erfolgreichen Arbeitstag erzählt und Sie sich dabei denken „Wie kann das sein? Der ist schließlich nur ein Arbeiter...“ dann sind Ihnen wahrscheinlich Status und Anerkennung wichtig. Vergessen Sie bitte nicht: An dieser Stelle ist es essentiell, dass Sie ehrlich zu sich sind und sich nicht für Ihre eigenen Gedanken verurteilen. Um persönliche Erfüllung zu erlangen, müssen Sie dem treu sein, was Ihr inneres Feuer entzündet – was auch immer das sein mag.

Der schwierigste Teil besteht darin, Motive zu identifizieren, die in Wahrheit gar nicht Ihre eigenen sind. Oft sind das Dinge, die mit Status, Geld oder dem sozialen Verhalten in der Gesellschaft zu tun haben. Versuchen Sie herauszufinden, was genau es ist, dass Ihr Herz bei Ihren Gedanken schneller schlagen lässt: Ist es wirklich die Anerkennung, der Status, das Geld oder ist es etwas anderes, das Sie antreibt? Das Gefühl der Macht, das Gefühl der Freude, wenn Ihnen etwas gelingt? Wenn es darum geht, Ihre wahren Beweggründe zu kennen, kommt es auf die Details an. Haken Sie nach und überlegen Sie, was genau es ist, das Ihr Herz höher schlagen lässt.

Beim Finden der eigenen Motive, beim persönlichen Warum, geht es nicht darum, andere Menschen wirklich zu be- oder verurteilen. Es geht überhaupt nicht um die Menschen um Sie herum. Das Ziel ist es, Ihre persönliche emotionale Reaktion einzufangen, um sie zum Aufspüren Ihrer eigenen Wünsche zu nutzen.

Ihre persönlichen Motive können auf dem ersten Blick widersprüchlich wirken, aber sie sind sehr vielfältig. Genau diese Vielfalt anzunehmen, sie in Einklang zu bringen und sie zu nutzen, führen Sie zu der einzigartigen Person, die Sie bereits sind.