In meinen Innovationsberatungen setze ich den Schwerpunkt auf Design Thinking. Ich kenne kein anderes Mindset, das so sehr Empathie in den Mittelpunkt stellt. Was ist aber der Unterschied zwischen Empathie und Sympathie? Und wie grenze ich diese Begriffe weiter von Mitleid ab? Diese Frage wird mir oft gestellt und in diesem Artikel versuche ich, eine Antwort darauf zu geben.
Empathie in der Sprache
1909 wurde der Ausdruck „empathy“ erstmals von Edward B. Titchener verwendet, als er den Sinn des deutschen Wortes „Einfühlung“ in den Werken von Theodor Lipps richtig übersetzen wollte. Den Begriff „empathy“ wählte auch das Ehepaar Alix und James Strachey (1887–1967), um den Ausdruck Einfühlung in den Werken von Sigmund Freud ins Englische zu übersetzen.
Aber was bedeutet Empathie? Die meisten Menschen definieren Empathie als die Fähigkeit einer Person, die Emotionen einer anderen Person zu erkennen und zu teilen. Es geht darum, zuerst die Situation eines anderen aus dessen Perspektive zu sehen und dann seine Gefühle zu teilen, einschließlich seiner Nöte.
Für mich bedeutet Empathie mehr, als nur das bloße Teilen eines Anderen Perspektive - im besten Falle begleitet von einem Gefühl, helfen zu wollen. Stattdessen verstehe ich unter Empathie, das tatsächliche Hineinversetzen in die Lage einer Person, in der er sich gerade befindet. Ich kann nicht mit abstrakten oder losgelösten Gefühlen andere, tiefe Empfindungen spüren. Um mich mit einer bestimmten Person zu identifizieren, ist es wichtig, ein Wissen über sie oder ihn zu haben. Darüber, wie wer er oder sie die Welt wahrnimmt, was er oder sie macht oder erreichen will. John Steinbeck schrieb: “It means very little to know that a million Chinese are starving unless you know one Chinese who is starving.” Oder in die heutige Welt übersetzt "Empathie gibt es nicht im App-Store."
Empathie versus Mitleid
Empathie wird in unserer Sprache sehr oft mit Mitleid, Sympathie oder Mitgefühl gleichgesetzt. Dabei ist Mitleid ein Gefühl von Unbehagen, das jemand bei der Not eines oder mehrerer Lebewesen spürt. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass es für mich den Beigeschmack etwas Herablassenden hat. Irgendwie schwingt bei Mitleid für mich mit, dass jemand seine Not nicht verdient hat - trotzdem aber nicht in der Lage ist, diese Not von sich aus zu verhindern oder aus ihr auszusteigen. Wenn wir mit jemanden mitleiden, sind wir oft weit weniger engagiert, als wenn wir uns in jemanden einfühlen oder Sympathie für jemanden empfinden. Es ist die bewusste Anerkennung der Misere eines Gegenstandes.
Stefan Zweig schrieb dazu in seinem einzigen Roman „Ungeduld des Herzens“: „Es gibt eben zweierlei Mitleid. Das eine, das schwachmütige und sentimentale, das eigentlich nur Ungeduld des Herzens ist, sich möglichst schnell freizumachen von der peinlichen Ergriffenheit vor einem fremden Unglück, jenes Mitleid, das eigentlich gar nicht Mitleiden ist, sondern nur instinktive Abwehr des fremden Leidens vor der eigenen Seele. Und das andere, das einzig zählt – das unsentimentale, aber schöpferische Mitleid, das weiß, was es will, und entschlossen ist, geduldig und mitduldend alles durchzustehen bis zum Letzten seiner Kraft und noch über dies Letzte hinaus.“ Ist letzteres Mitleid schon Empathie?
... versus Sympathie
Sympathie wiederum ist ein Gefühl der Sorge um oder für jemanden, der meist uns nahesteht, begleitet von dem Wunsch, ihn oder sie glücklicher zu sehen. Im Vergleich zu Mitleid steckt in der Sympathie für mich ein tieferes Gefühl von Gemeinsamkeiten und ein persönliches Engagement. Trotzdem fehlt bei Sympathie die gemeinsame Perspektive bzw. eine geteilte Emotion. Während eine Mimik Sympathie vermittelt, ist oft trotzdem keine gemeinsam gefühlte Not vorhanden. Sympathie und Empathie gehören oft zusammen, aber eben nicht immer. Zum Beispiel ist es möglich, mit einem Hund oder einer Katze zu sympathisieren, aber es wird sehr schwer, sich wirklich in sie einzufühlen. Andererseits können Psychopathen Empathie für ihre Opfer aufbauen, um sie noch mehr zu quälen, empfinden dabei aber keinerlei Sympathie.
Mitleid wiederum ist mehr als „nur“ Sympathie, da dabei der Wunsch mitschwingt, aktiv das Leiden einer Person zu lindern. Bei Empathie teile ich individuelle Emotionen, bei Mitgefühl eine universale Erfahrung.
Mein persönliches Fazit
Um wirklich Empathie für jemanden empfinden zu können, müssen wir zunächst zulassen und lernen, uns selbst wieder zu spüren. Wir müssen uns fragen, was wir wahrnehmen und die Gefühle und Bedürfnisse dahinter identifizieren. Das ist manches Mal schmerzhaft, aber immer lohnenswert.
Video zum Thema:
Was ist der Unterschied zwischen Mitleid, Sympathie & Empathie?
Ein Video rund um die vier Gewohnheiten empathischer Menschen finden Sie hier.
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