Seitdem ich wieder Workshops und Beratungen vor Ort durchführen darf, erlebe ich, wie verunsichert die Menschen gerade sind. Unsicher, was ihre eigene Kreativität und ihre eigene Problemlösungskompetenz betrifft. Ich merke das daran, dass ich immer wieder gefragt werde, was ich von dieser oder jener Idee halte oder wie mir dieses oder jenes gefallen würde. Meine Standardgegenfrage lautet: “Was halten SIE denn davon?”. Die wenigsten können diese Frage beantworten. Sie haben im Laufe des Lebens begonnen, ihre Intuition auf stumm zu schalten.
Wenn wir geboren werden, lernen wir mit der Zeit, wer wir sind, was wir wollen und beginnen unsere Gefühle einzuordnen. Wir wissen, wie wir uns mit anderen verbinden und wie wir unsere Kreativität leben. Im Laufe des Aufwachsens werden nach und nach unsere natürlichen Instinkte außer Kraft gesetzt. Wir stellen Regeln für uns selbst auf, die darauf basieren, wie wir uns in der Gesellschaft verhalten sollen. Wir trainieren uns, unsere eigenen Gefühle zu unterdrücken und auf die Gefühle andere zu achten.
Wir beginnen zu glauben, dass so etwas wie Intuition nicht existiert. Dabei ist Intuition durchaus sehr real wie Forscher der Universität in Leeds nun belegen können. Sie analysierten viele Studien und kamen so zu dem Schluss, dass Intuition ein psychologischer Prozess ist, bei dem das Gehirn frühere Hinweise und Erfahrungen nutzt, um eine Entscheidung zu treffen. Die Entscheidung fällt dann so schnell, dass sie uns oft nicht einmal bewusst ist.
Aber lieber hören wir auf das, was andere sagen in Bezug darauf, was passend ist und was nicht, was schön ist und was nicht, was gut ist und was nicht. Anstatt in uns hinein zu spüren und so zu unseren eigenen Schlussfolgerungen zu kommen, beginnen wir anderen zuzuhören und ihnen zu glauben, dass sie wissen, wie wir uns verhalten sollen. So lernen wir, dass unsere Instinkte falsch sind und dass es Regeln gibt, an die wir uns halten müssen, wenn wir geliebt werden wollen. Das führt dazu, dass unser anpassungsfähiges Gehirn sich selbst korrigiert. Wir nehmen die Gedanken, Meinungen und Standards anderer als richtig an und beginnen uns und unser Verhalten entsprechend zu korrigieren.
Mit der Zeit verlernen wir uns selbst zu vertrauen. An diesem Punkt beginnen die Probleme.
Wir reparieren etwas, das eigentlich nie kaputt war
Viele haben Angst davor, dass sie schlechte oder vorschnelle Entscheidungen treffen, die ihnen schaden, wenn sie auf sich selbst hören und den eigenen Instinkten vertrauen. Jeden Gedanken zu analysieren, führt allerdings nur zu unnötigen Sorgen und der Entwicklung möglicher Was-wäre-wenn-Szenarien. Wir wählen deswegen lieber den sicheren Weg, den uns andere vorschlagen, um so auch Verantwortung für unsere Entscheidungen abzugeben.
Der Nebeneffekt dieses Handelns ist allerdings die Veränderung unserer Persönlichkeit. Wir stellen den Wert unserer eigenen Gedanken in Frage und passen unser natürliches Verhalten an die Wünsche und Vorstellungen anderer an. Das führt zu Unsicherheit und dem Glauben, dass wir nicht gut sind, wie wir sind.
Selbst bei kleinen Entscheidungen brauchen wir dann jemandem, der uns sagt, was wir tun sollen. Wir suchen nach der Bestätigung, dass wir erfolgreich sind, indem wir andere darum bitten, stolz auf uns zu sein. Wir fordern von anderen nach Zusicherungen, dass wir okay sind, wie wir sind.
Wie können Sie diesem Teufelskreis entkommen?
Das Leben besteht nun mal aus Unsicherheiten. Das müssen wir akzeptieren. Erst dann können wir beginnen mit diesen Unsicherheiten zu leben. Denn sie sind Teil des Lebens und dürfen niemals die innere Stimme zum Schweigen bringen.
Bevor Sie wieder Ihrer eigenen Stimme vertrauen können, müssen Sie erst wieder hören. Dazu verbinden Sie sich zuerst wieder mit Ihren Urbedürfnissen. Sie müssen damit beginnen, wieder auf die subtilen Hinweise zu hören, die Ihnen Ihr Körper schickt. Sie müssen lernen zu spüren, wann Sie hungrig, müde oder durstig sind - und dann dem Körper genau das geben. Egal, ob es Zeit zum Essen ist oder nicht. Wenn Sie dieser leisen Stimme eine Zeit lang aufmerksam zuhören und ihr folgen, wird sie immer lauter werden. So wie es von Anfang an eigentlich gedacht war.
Sobald Sie sich wieder mit den Bedürfnissen Ihres Körpers verbunden haben, beginnen Sie nachzuspüren, was Ihnen persönlich wirklich gefällt. Gehen Sie dazu in ein Geschäft, schauen sich um und nehmen dann das, was Sie anspricht. Ohne viel nachzudenken. Wählen Sie einfach ganz schnell das aus, was Ihnen als erstes zusagt. Sie müssen aber schnell sein und der Stimme zuvorkommen, die Ihnen sagen wird, dass das nicht Ihre Farbe ist, Sie zu alt dafür sind oder dieser Schnitt unvorteilhaft ist. Seien Sie mutig und vertrauen Sie Ihrem ersten Impuls.
Wenn Sie sich so wieder mit Ihren sensorischen Vorlieben verbunden haben, beschäftigen Sie sich als nächstes mit abstrakteren Dingen. Lernen Sie zu erkennen, was Ihnen wirklich wichtig ist, was Sie tatsächlich wollen und was Sie persönlich von Ihrem Leben erwarten. Achten Sie darauf, was Sie gerne tun, wann Sie es gerne tun und mit wem Sie gerne zusammen sind. Je mehr Sie sich auf diesen Prozess einlassen und in sich hinein spüren, desto klarer wird Ihnen, was Sie eigentlich möchten. Mit der Zeit wird das Wissen und die Klarheit, nach der Sie suchen, wieder lauter.
Das ist eigentlich gar nicht so schwer. Denn Ihr Instinkt war in Wahrheit nie weg, er war nur verschüttet oder wurde von anderen überschrieben.
Ihr Instinkt war nie weg, er war nur verschüttet
Unsere Welt liebt die vermeintliche Sicherheit in Form von Zahlen, Daten und Fakten. Wir vergessen dabei, was wir eigentlich wollen. Wir entfernen so das Menschliche aus unseren Entscheidungen. Dabei gibt es einen Grund für dieses Gefühl, das Sie spüren. Dieses Gefühl versucht Ihnen etwas zu sagen. Es ist wichtig, dass Sie wieder auf dieses Gefühl hören, wenn Sie glücklich sein wollen.
In Wahrheit hat uns niemals jemand gezwungen, unser Leben nach anderen auszurichten. Niemand hat uns jemals dazu gezwungen, die eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken. Niemand hat uns jemals dazu gezwungen, unseren Instinkten und Ahnungen zu misstrauen. Vielmehr wurde uns das Gefühl vermittelt, dass andere besser wissen, was für uns gut und richtig ist. In Wahrheit aber liegt die Wahl immer bei uns.
Wir können uns jederzeit dazu entscheiden, auf unsere innere Stimme zu hören und unseren Instinkten zu trauen. Wir können sich bewusst dazu entschließen, zu fühlen, zu denken und zu handeln, wie es sich für uns persönlich richtig anfühlt. Das bedeutet vielleicht, dass andere uns unter Druck setzen oder uns beeinflussen wollen, eine bestimmte Entscheidung zu treffen. Aber die Wahl liegt immer bei uns.