Das Gefühl in einer Krise zu stecken führt oft zu sehr unangenehmen Gefühlen wie Eifersucht, Selbstzweifel, Selbstmitleid und innerem Widerstand. Wir können diese Gefühle entweder ablehnen oder sie als Chance zur Veränderung annehmen. Denn eigentlich sind diese Gefühle die Sprache des Lebens, wenn es uns deutlich machen will, dass es Zeit für eine Veränderung ist und wir uns selbst neu entdecken müssen.
Es gibt eine Anekdote, die gerne bei Managementseminaren erzählt wird: So soll das Wort “Krise” im Chinesisch dasselbe Zeichen wie für “Chance” oder “Gelegenheit” sein. Nun ja, so ganz stimmt das nicht: Im Chinesischen werden generell sehr abstrakte Begriffe meistens aus Schriftzeichen zusammengesetzt. Chance wird mit jihui 机会 und Krise mit weiji 危机 übersetzt. Beiden gemeinsam ist das Zeichen ji 机 , das unter anderem Gelegenheit bedeutet, und wei, das für Gefahr steht. Weiji ist also hat eine doppelte Bedeutung: Einerseits steht es für eine Bedrohung, andererseits auch für eine Wende zum Besseren.
Eigentlich kommt das Wort Krise aus dem Griechischen (krísis) und bedeutet ursprünglich so viel wie Meinung oder Entscheidung.
Es bezeichnet also weniger eine prekäre bzw. hoffnungslose Situation, als viel mehr einen Höhe- oder Wendepunkt einer gefährlichen Lage. Ganz nach dem Motto: Ab hier wird es besser.
“Eine Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack einer Katastrophe nehmen.” Max Frisch
In einer Krise steckt die Aufforderung des Lebens, dass wir eine Version von uns selbst entwickeln, die nicht mehr vom Zögern beherrscht wird, sondern die uns die Leichtigkeit spüren und ausstrahlen lässt - auch wenn es sich innerlich vielleicht gerade unmöglich anfühlt. Das gelingt, indem wir Menschen in unserer Umgebung wirklich unterstützen und uns nicht nur um uns selbst kümmern. Denn die neue Version, die das Leben einfordert, verkörpert mehr von unserem wahren Ich. Dieses Ich ist viel eher in der Lage, die Bedürfnisse, die hinter dem Unwohlsein oft liegen, richtig zu interpretieren. Das Spannende ist, dass diese Bedürfnisse viel öfter banaler Natur sind als wir gemeinhin denken wie z.B. genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen oder ausreichend zu schlafen.
Wir denken oft, dass dieses Unbehagen, dieses Unwohlsein, unser Feind ist - dabei ist es in Wahrheit unser größter Verbündeter. Es ist dieses tiefe Wissen in uns, das uns sagt, dass wir für mehr bestimmt sind und dass wir viel mehr können als wir glauben.
Wann immer wir aufhören, unserem inneren Leitsystem zu folgen, entsteht dieses Unbehagen. Dieses Gefühl ist der Warnblinker, der anspringt, wenn wir vom richtigen Weg abgekommen sind. In einigen Fällen fühlt sich Unbehagen wie ein sehr unangenehmes Erwachen an. Vor allem dann, wenn wir uns nicht bewusst sind, was wirklich in uns vorgeht. In Wirklichkeit ist es aber nichts anderes als das natürliche Voranschreiten unseres Lebens, das Lautwerden aller Anzeichen und Symptome, die wir viel zu lange ignoriert haben.
Der polnische Psychologe und Arzt Kazimierz Dabrowski nennt diesen Vorgang “positive Desintegration”. Seiner Theorie nach ist die positive Desintegration auch die Antwort auf die Frage, warum manche Menschen, die eine lebensverändernde Krise durchmachen, gestärkt und friedlicher als je zuvor daraus hervortreten. Krankheiten, Verluste oder andere persönliche Krisen werden dann zu einem Katalysator für persönliches Wachstum. Denn im Wesentlichen zwingt uns diese Krise, unser Selbstkonzept neu zu überdenken und anzupassen.
Es muss jedoch nicht immer ein extremes Ereignis sein, das diesen Prozess auslöst. In Wahrheit geschieht innere Wachstum ständig. Nur meistens haben wir zu wenig Zeit und Energie, um das zu merken. Probleme, die ignoriert werden, werden dann schnell zu kleinen und dann zu großen Krisen und wir erkennen oft nicht, was passiert. Bis wir einen lauten und brutalen Weckruf bekommen. Wenn wir uns jedoch im Laufe unseres täglichen Lebens auf diese kleinen Wehwehchen und Zeichen einstellen, lernen wir die Art und Weise kennen, wie uns unser Leben wachsen und entwickeln lässt, bevor die Dinge sich zu einem größeren Chaos entwickeln, als sie in Wahrheit müssten.
Bevor sich das neue Ich als solches entwickeln kann, braucht es oft eine Krise, um zu erkennen, dass wir mit der alten Version nicht weiterkommen und vor allem nicht wachsen können. Wir sind dann nicht in der Lage mit dem umzugehen und fertig zu werden, was uns das Leben als nächstes geben wird.
Es gibt in jedem Leben Hürden, Herausforderungen und Durststrecken. Wenn wir aber den Mut schöpfen und uns erinnern, was wir bereits alles in der Vergangenheit schon bewältigt haben, erkennen wir auch leichter die Chance, das Leben neu zu gestalten und wieder in die Bahn Richtung persönlichem Erfolg, Glück und Zufriedenheit zu lenken.