Spätestens seit meinem neuen Buch bin ich fasziniert von den verschiedenen Denkfallen, die Menschen und Unternehmen zu schlechten Entscheidungen führen. Vermutlich haben Sie bereits vom sogenannten Dunning-Kruger-Effekt gehört: Bei diesem Phänomen unterschätzen Menschen ihre eigene Inkompetenz bzw. überschätzen ihr Wissen. Oder nehmen Sie die Illusion der Erklärungstiefe. Diese veranlasst manch Autodidakten in sozialen Medien dazu, komplexe wissenschaftliche Phänomene viel zu vereinfacht darzustellen und wichtige Aspekte auszulassen. Im Grunde läuft es darauf hinaus, dass wir oft davon überzeugt sind, vielmehr zu wissen, als wir tatsächlich tun.
Intelligenz – egal ob emotionale, konventionelle, soziale oder jede andere Dimension – wird unbewusst mit Zufriedenheit gleichgesetzt. Die Idee dahinter scheint ganz logisch: Schließlich sollten Menschen mit ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten viel eher Chancen als andere erkennen und zu ihrem Vorteil nutzen können. Auf diese Weise können sie sich mehr Ressourcen aneignen, mit denen sie ihr persönliches Wohlbefinden zu steigern. Dabei ist es so, dass jede Fähigkeit, die Sie besitzen, Sie sowohl hochheben als auch hinunterziehen kann: Letztlich hängt alles davon ab, wie Sie Ihre Fähigkeiten einsetzen.
Es gibt noch nicht viele Studien, die sich direkt mit dem Zusammenhang zwischen Intelligenz und Lebenszufriedenheit auf individueller Ebene befassen. Aber die wenigen, die es gibt, zeigen keine wirklich signifikanten Korrelationen: So untersuchten Forscher beispielsweise Wohlbefinden in Bezug auf Fähigkeiten wie episodisches Gedächtnis, Verarbeitungsgeschwindigkeit, logisches Denken, räumliche Visualisierung und Wortschatz. Die Ergebnisse zeigten, dass räumliche Visualisierung, episodisches Gedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit das Niveau der Lebenszufriedenheit bei bestimmten Altersgruppen vorhersagen können. Viel spannender ist jedoch, dass die Forscher eine negative Korrelation zwischen Wohlempfinden und Wortschatz fanden. Sie schlussfolgerten, dass Menschen mit einem großen Wortschatz unbewusst eher anspruchsvollere Umgebungen wählen und dadurch mehr Stress und weniger positive Erfahrungen in ihrem Alltag erfahren würden.
Je klüger Sie sind, desto eher sollten Sie verstehen, dass Wohlbefinden und Glück durch Liebe und das Gefühl der Wirksamkeit entsteht. Ihre Intelligenz – egal, in welcher Dimension – wird Sie eher glücklich machen, wenn Sie nach Wegen suchen, anderen zu helfen, anstatt für sich selbst weltliche Besitztümer zu horten. Das Problem dabei ist, dass Mutter Natur uns jedoch ständig dazu antreibt, nach Dingen zu streben, die selten langfristig Zufriedenheit bringen wie Geld, Prestige oder Macht. Wir sind darauf ausgelegt, jeden Vorteil zu nutzen, um im Leben voranzukommen.
Die allgemeine Vorstellung, dass, wenn einer mehr hat, ein anderer weniger haben muss, ist fast immer falsch. Denn wenn Sie anderen dabei helfen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, werden Sie auch Ihren eigenen Wohlstand und vor allem Ihre Zufriedenheit steigern. Dazu drei Gedanken:
1. Entscheiden Sie sich, sich um etwas zu kümmern: Ob es Ihre Kinder, Ihr Job oder die globale Erderwärmung ist - finden Sie etwas, das Ihnen wirklich am Herzen liegt und beginnen Sie damit, sich dafür einzusetzen. Teil von etwas zu sein, das größer ist als Sie selbst, wird Ihr Wohlempfinden und Ihr Selbstwertgefühl steigern. Tun Sie es nicht für Lob – tun Sie es, weil es Ihnen wichtig ist.
2. Leben Sie im Hier und Jetzt: Glück findet man weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. Zwar weckt die Erinnerung an schöne Erinnerungen positive Gefühle, aber wenn Sie in der Vergangenheit stecken bleiben, raubt Ihnen das nur die Gegenwart. Wenn Sie an die Zukunft denken, können Sie sich zwar Ziele setzen, aber Sie sollten Ihr Glück nicht auf Eis legen, bis es da ist. Konzentrieren Sie sich lieber auf den Moment, der da ist. Fast alles kann Freude bereiten - mit der richtigen Perspektive.
3. Benutzen Sie Ihre Intelligenz nicht, um andere niederzumachen: Sarkasmus erfordert Studien nach eine ungewöhnlich hohe Intelligenzleistung. Allerdings ist das eine pure Verschwendung Ihrer Energie, denn Sarkasmus ist nicht nur für eine andere Person schmerzhaft, sondern es wird bei der Person, die sie ausübt, mit Depressionen und Angstzuständen in Verbindung gebracht. Unsere Kultur belohnt zwar, wenn wir Klugheit für Ironie, Sarkasmus und Spott einsetzen (ein bissiges Kommentar verbreitet sich schneller viral, als alles andere). Aber das Lachen oder Liken wird das Leid, das Sie dadurch bei jemand anderen verursachen, nicht wiedergutmachen. Nutzen Sie Ihre geistige Geschicklichkeit lieber dazu, Menschen aufzurichten und zu fördern.
Wir sollten als Gesellschaft alle Menschen – unabhängig von ihrem IQ-Wert – dabei unterstützen, sich selbst zu verwirklichen und ein Leben in Selbstakzeptanz, Autonomie, Sinn und positiven sozialen Beziehungen zu führen. Und für uns persönlich gilt, dass wir einen Sinn finden und uns bewusst entscheiden, jeden Moment unseres Lebens zu lieben - und zwar bereits während wir es leben. Das ist sicherlich nicht einfach, aber auf jeden Fall intelligent.