In meinem neuen Buch vertrete ich die These, dass Empathie und Kreativität die Schlüssel zu Innovation sind. Empathisch zu sein bedeutet für mich, fähig und bereit zu sein, die Gedanken, Motive, Emotionen und Persönlichkeitsmerkmale eines anderen zu erkennen und auch nachvollziehen zu können.
Wenn Sie sich in die aktuelle Situation Ihrer Kunden wirklich einfühlen, haben Sie einfach das Bedürfnis, dass es ihnen besser geht und dass sie eine Lösung für ihre Probleme bekommen, damit sie ihr Leben angenehmer und schöner gestalten können. Wenn Sie wirklich Empathie empfinden, spielt auch Ihre Konkurrenz keine Rolle: Welchen Unterschied macht es, wenn Sie in diesem Quartal mehr Geschäft erzielen oder etwas profitabler sind, wenn Sie eine Lösung finden, die Ihrem Kunden wirklich weiterhilft und sein Leben bereichert?
Aber in der Beratung ist diese Art der Empathie meiner Meinung nach fehl am Platz. Wenn Sie empathisch in der Beratung agieren, ist es ebenfalls wichtig, die Situation des anderen zu verstehen. Aber es braucht trotzdem gesunde Grenzen, die es zu wahren gilt. Ein unkonventioneller Ansatz, der der herrschenden Kultur widerspricht, die eher von Zurückhaltung lebt. Wenn Sie dieselbe Empathie in der Beratung empfinden, die für Innovationen notwendig ist, kann es leicht passiert, dass Ihre Vorschläge nicht die Wirkung erzielen, die gut ist. Einfach weil Sie die Personen vor unangenehmen Gefühlen schützen möchten.
Auf Empathie basierende Hilfsbereitschaft kann sogar negative Auswirkungen in der Beratung haben. Ein Beispiel: Die meisten Menschen wünschen sich einen Arzt, der Empathie für sie empfindet. Nur stellen Sie sich mal vor, Ihr Arzt würde tatsächlich Ihren Schmerz und Ihre Ängste zur Gänze spüren! Er wäre vermutlich nicht in der Lage, seinen Job wirklich gut auszuüben, wenn er dieselbe Hilflosigkeit in seiner ganzen Tiefe erleben würde.
Empathie schränkt weiters unseren Fokus auf eine selbstbezogene Art und Weise ein. Es gibt nachhaltige Beweise dafür, dass wir uns viel leichter in diejenigen einfühlen, die uns sehr ähnlich im Verhalten und Aussehen sind oder die wir anziehend finden. Aber in der Beratung ist es viel hilfreicher, die Andersartigkeit eines anderen als solche zu erkennen, ohne zu behaupten, dass wir diese besondere Einzigartigkeit selbst besitzen.
Der Glaube an eine gültige empathische Antwort legt das Wunschdenken nahe, dass wir den Anderen in seiner Gesamtheit verstehen - auch bei dem, das uns selbst fremd ist und das wir einfach nicht sind. Und auch nicht sein müssen. Wir sollten vielmehr unsere Unterschiede als solche respektieren und feiern, denn sie machen uns erst einzigartig und interessant.
Ich empfehle Beratungsunternehmen eine imaginative Vorstellung von der Situation aufzubauen, in der sich ihre Kunden befinden und was sie wirklich brauchen könnten. Aber bewahren Sie trotzdem immer einen gesunden Abstand dabei. Denn nur so können Sie tatsächlich helfen und Lösungen erarbeiten, die funktionieren.