In einer Arbeitswelt, in der scheinbar das Wichtigste die Demonstration von Stärke und Macht ist, können sehr empathische und hochsensible Menschen fälschlicherweise schnell das Gefühl haben, dass ihre Fähigkeit, Dinge intensiver zu erleben, eine Schwäche ist oder einem persönlichen Versagen gleicht. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Studien zeigen sogar, dass ManagerInnen MitarbeiterInnen mit höherer Sensibilität durchwegs als die besten Leistungsträger in ihren Unternehmen (ein)schätzen.
Eine große Herausforderung für alle empathischen Menschen ist es, mitfühlend zu sein, ohne den Stress anderer und der Welt voll an- und aufzunehmen. Oft fehlt es an Filtern, die normalerweise Menschen aufgebaut haben, um sich zu schützen. Wie emotionale Schwämme saugen hochsensible Menschen jede Emotion und jeden Stress auf. Das geht häufig auf Kosten des eigenen Wohlbefindens und der Gesundheit. Untersuchungen zeigen, dass das Spiegelneuronensystem (der Teil des Gehirns, der für Mitgefühl verantwortlich ist) bei Empathen extrem aktiv ist - und das kostet viel Energie.
Hier sind einige Ideen, wie Sie Ihre Sensibilität und Empathie im Job am besten einsetzen:
Sprechen Sie offen an, was andere nicht sehen.
Einen großen Vorteil, den hochsensible Menschen mitbringen, ist, dass sie nicht nur auf Gefühle eingestellt sind, sondern auch auf die vielen, kleinen scheinbar unwichtigen Details, die andere oft übersehen. Empathen sind Helfer und Versteher in einer Person. Sie kommunizieren oft deswegen so effektiv, weil sie nicht nur die Worte hören, die aus dem Mund anderer kommen, sondern weil dabei auch die subtilen Gesten und Töne wahrnehmen. Am Arbeitsplatz ist diese Stärke, die die Details im Auge zu behalten, von unschätzbarem Wert. Sie können Informationen verknüpfen, Muster aufdecken und neue Zusammenhänge herstellen. Teilen Sie diese Erkenntnisse und ermöglichen Sie so neue Lösungen und weitere Ideen.
Setzen Sie Ihre Sensibilität für das Team Selbst ein.
Wenn Sie selbst sehr sensibel sind, sind Sie wahrscheinlich ein ganz besonders geschätztes Teammitglied. Denn Sie haben die seltene Fähigkeit, die Gefühle von Menschen als einer der ersten zu erkennen, zu verstehen, darauf einzugehen und verschiedene Teile komplexer Entscheidungen der Personen zu überdenken. Sie tragen wichtigen Input bei und analysieren schnell und genau.
Nutzen Sie Ihre kreative Seite, um Probleme anders zu lösen
Wo jemand zweier Dinge in einem Raum bewusst ist, fallen Ihnen - oft unbewusst und ob Sie wollen oder nicht - mindestens zehn weitere Dinge auf. Sie nehmen Informationen über die Temperatur des Raums, die Helligkeit der Lichter, die Farben und der Gefühle der Menschen um Sie herum wahr - alles wird schnell in Kategorien sortiert und abgespeichert.
Kreativität agiert dann als eine Art Druckventil für alle angesammelten emotionalen und sensorischen Daten. Es öffnet die Türen und lässt die Energie frei. Nutzen Sie diese Eigenschaft und lassen Sie Ihren Ideen und Gedanken freien Lauf. Assoziieren Sie laut und geben Sie dem Team so wertvolle Impulse.
So setzen Sie Ihre Energie besser ein:
Bereiten Sie sich auf unerwartete Situationen vor.
Die meisten hochsensiblen Personen mögen es gar nicht, wenn sie in Meetings mit neuen Informationen oder unerwarteten Änderungen überrumpelt werden. Wenn Interaktionen plötzliche Wendungen nehmen, verspüren sie einen unangenehmen Kontrollverlust. Das beste Gegenmittel dazu ist eine gute Vorbereitung.
Versuchen Sie, Fragen so weit wie möglich zu antizipieren, und Ihre persönlichen Gedanken und möglichen Antworten im Voraus zu überdenken. Aber zerlegen Sie nicht alles im Detail. Sie sollen nicht starr werden, sondern auf Unerwartetes gut reagieren können.
Es ist nicht Ihre Aufgabe, den Schmerz der Welt zu tragen.
Als Empath haben Sie ein offenes Herz für die Anliegen Ihrer Mitmenschen. Sie haben eine andere Art der emotionalen Wachsamkeit als viele andere. Sie spüren den Schmerz von Menschen, sowohl von Angehörigen als auch von Fremden, als wäre er Ihr eigener und möchten diesen instinktiv nehmen. Vielen wurde noch dazu beigebracht, dass es ihre Aufgabe ist, andere Menschen zufrieden zu stellen und deren Schmerz abzunehmen. Aber das ist nicht wahr. Sie können einen unterstützenden Raum für jemanden schaffen, ohne dessen Leiden voll aufzufangen.
Dieses Gleichgewicht zu finden, ist allerdings nicht einfach, sondern eine eigene Kunst, die viel Reflexion und Ehrlichkeit zu sich selbst bedarf.
Fazit: Nehmen Sie das Geschenk an, anders zu sein
Viele empathische und hochsensible Personen haben das Gefühl, nicht in diese Welt zu gehören. Sie erleben das Leben so intensiv, dass es manchmal schwierig ist, verwandte Seelen zu finden, mit denen Sie sich identifizieren und auch austauschen können.
Wenn Sie sich manches Mal so fühlen, als würden Sie nicht in diese Welt passen, überlegen Sie, ob es nicht viel eher daran liegt, dass Sie hier sind, eine bessere Welt zu erschaffen. Denn Empathie ist eine Stärke, keine Schwäche.
Die Welt braucht ganz dringend den Unterschied, den Sie machen.
