Überleben Sie nur mehr bis um 17 Uhr?

In letzter Zeit erzählen mir die Menschen, die ich im Rahmen von Beratungstätigkeiten befrage, vermehrt davon erzählen, wie festgefahren sie ihre derzeitige Situation empfinden. Sie erzählen davon, dass sie sich irgendwie entmutigt, wenig energiegeladen und deprimiert fühlen angesichts der Aussicht, den Rest ihres Lebens in ihrem momentanen Job zu verharren. Sie sehnen sich nach Veränderung, nach etwas Neuem, das Ihnen Erfüllung bringt. Aber gleichzeitig hält sie die Angst vor der Ungewissheit davor zurück, die notwendige Schritte zu setzen. Dabei kann uns eine Krise zu einer (beruflichen) Veränderung führen, wenn wir sie als Gelegenheit betrachten, uns zu vertiefen und Entschlossenheit, Mut und Beharrlichkeit zu entwickeln. Dann werden Krisen zu Charaktermomenten.

Bei einer Krise sind die häufigsten Ängste, die die Menschen zurückhalten, Versagensangst, die Angst, andere im Stich zu lassen, die Angst, schlecht auszusehen oder den Respekt anderer zu verlieren. Aber auch Ängste der Ablehnung, Ausgrenzung und der fehlenden Unterstützung sind aktiv. In den meisten Fällen sind diese Ängste nicht rational begründet - und doch sind es starke Kräfte, die unproduktives Verhalten vorantreiben.

Problematisch wird es vor allem dann, wenn diese Ängste (ob bewusst oder unbewusst) Sie in schädlichen Mustern festhalten und so zur Selbstsabotage führen. Dabei sind die meisten dieser Ängste lediglich subjektiver Natur. Sie sind durch die Erfahrungen aus der Vergangenheit entstanden und werden von den gegenwärtigen Perspektiven genährt, die wiederum durch unsere Brille gefiltert werden.

Deswegen begleiten uns diese Ängste dennoch weiterhin, egal, wohin wir gehen: Sie bleiben auch bei uns, nachdem wir eine Beförderung erhalten, die Abteilung gewechselt oder einen neuen Job begonnen haben – es sei denn, wir unternehmen aktiv Schritte, um sie an die Oberfläche zu bringen, sie zu verstehen und sie so bewusst zu hinterfragen.

1. Stellen Sie sich Ihren Ängsten!

Sich Ihren Ängsten bei der Arbeit zu stellen und sie zu überwinden, erfordert nicht nur Zeit, sondern vor allem brutale Ehrlichkeit zu sich selbst. Denn Sie müssen zunächst identifizieren, wo genau Sie das Gefühl haben, stecken geblieben zu sein. Vielleicht zögern Sie, schwierige Gespräche zu führen, entschlossener zu sein oder öfter Nein zu sagen. Überlegen Sie, was hinter diesem Verhalten stecken könnte: Ist es die Angst, eine Beziehung zu ruinieren, wenn Sie ein schwieriges Gespräch führen? Haben Sie Angst, die falsche Entscheidung zu treffen? Befürchten Sie, nicht gemocht zu werden, wenn Sie einem Kollegen nein sagen? Wichtig ist an dieser Stelle, dass Sie nichts beschönigen, sondern die Dinge beim Namen nennen.

All diese Ängste wirken zwar unter der Oberfläche, aber sie treiben aktiv unproduktives Verhalten an. Diese Verhaltensweisen haben Ihnen vielleicht zu einem früheren Zeitpunkt geholfen, das Problem aber ist, dass Sie sie jetzt davon abhalten, Ihre Ziele zu erreichen.

2. Was ist das Schlimmste, das passieren kann?

Stellen Sie sich vor, Ihre schlimmsten Befürchtungen würden wahr werden. Was, glauben Sie, würde passieren, wenn Sie versagen – ob das Versagen darin besteht, einen Kunden oder Ihren Job zu verlieren, jemanden im Stich zu lassen oder dumm auszusehen? Diese einschränkenden Überzeugungen fühlen sich zwar sehr real an, obwohl sie normalerweise alles andere als realistisch sind.

Ihre Arbeit ist wichtig. Arbeit gibt uns Selbstvertrauen und Sinn. Unterschätzen Sie nicht den intrinsischen Wert einer persönlich sinnvollen Arbeit. Ein Großteil unserer Welt konzentriert sich darauf, mehr Geld zu verdienen und für den Erfolg anerkannt zu werden. Aber diese Eroberungen sind oft leere Siege und haben nicht die Bedeutung, die eine persönlich befriedigende Arbeit hat. Wenn Sie diese Karriere finden, in der Ihre Handlungen von Natur aus sinnvoll sind, sind Sie auf dem Weg zu einem Leben voller Ermächtigung und Erfüllung.

3. Woher kommen die Ängste?

Wenn Sie diese Befürchtungen artikuliert haben, gehen Sie einen Schritt weiter und überlegen Sie, woher diese Ängste und einschränkenden Glaubenssätze in Ihrem Leben kommen. Manches Mal ist es sofort offensichtlich, ein anderes Mal müssen Sie vielleicht tiefer graben. Das Bewusstsein dafür, wo und wann dieses eingeschränkte oder unvollständige Weltbild entstanden ist, kann Ihnen helfen, sich davon zu lösen. Sie können sich selbst aufzeigen, wie anders die damaligen Umstände in Ihrem Leben waren und warum sie in Ihrem aktuellen Kontext nicht mehr relevant sind.

4. Überschreiben Sie alte Muster!

Da einschränkende Überzeugungen durch frühere Erfahrungen geformt wurden, ist es wichtig, dass Sie eine andere Perspektive einnehmen. Dazu müssen Sie rausgehen, andere Dinge ausprobieren und so weitere Erfahrungen sammeln. Es geht darum, dass Sie neue Informationen über Ihre einschränkenden Annahmen bekommen, denn nur so können Sie sie enttarnen und auch ändern. Und das hilft Ihnen dabei, alte Muster zu verlernen und neue aufzubauen.

Es ist normal, Angst und Unruhe in Ihrem Leben und bei Ihrer Arbeit zu empfinden, aber mit etwas Übung können Sie diese inneren Stimmen leiser machen. Die Version der Wahrheit, die Sie sich in der Vergangenheit selbst immer wieder erzählt haben, spiegelt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht Ihre aktuelle Realität wider.

Ich will Ihnen mit all dem nicht sagen, dass Ihre Krise oder Ihre Ängste nicht wichtig oder real sind. Was ich Ihnen damit sagen will ist, dass Sie sich versichern sollten, dass es auch wirklich Ihre eigenen Ängste sind und dass diese noch ihre Berechtigung haben. Achten Sie darauf, wer der Urheber Ihrer persönlichen Ambitionen ist. Denn nichts ist so schlimm, einer Vorstellung zu folgen, um am Ende der Reise festzustellen, dass es nicht das war, was man eigentlich für sich selbst gewollt hat.