Über die Kunst Nein zu sagen

Finden Sie es schwierig, jemanden einen Gefallen abzuschlagen? Sagen Sie manches Mal zu schnell "Ja" und bereuen es im selben Moment? Fühlen Sie sich verpflichtet, zu Dingen "Ja" zu sagen, auch wenn Sie eigentlich keine Zeit haben?

Manch einer soll ja eher die böse Schwiegermutter besuchen, bevor er/sie nein sagt. Denn "Nein" zu sagen erfordert viel Mut und führt in vielen Fällen direkt zu Schuldgefühlen. So bleibt letztlich oft nur die Option, Ja zu sagen. Schließlich wollen Sie niemanden wehtun oder gar als egoistisch erscheinen. Die meisten Menschen wollen als hilfsbereit gelten und ein Ja ermöglicht eine Bindung zu anderen aufzubauen. Denken wir. Dem ist aber nicht wirklich so.

Selbstachtung und Grenzen setzen

Soziale Bindungen sind überlebensnotwendig und einander zu helfen und kooperativ zu sein, ist wichtig. In Beziehungen dürfen wir nicht nur nehmen, sondern wir müssen auch geben können. Trotzdem basieren wirklich starke menschliche Beziehungen auf gegenseitigem Respekt. Und Respekt startet bei Selbstachtung und Selbstwertgefühl. Und das wiederum erfordert von uns, klare Grenzen zu setzen.

Wer ein hohes Maß an Selbstachtung und Selbstwertgefühl hat, achtet auf das eigene Wohlbefinden und achtet bewusst auf die eigenen Grenzen. Vielleicht mögen andere diese Grenzen nicht, aber die meisten respektieren diese - und damit auch Sie als Person.

Nein zu sagen, bedeutet nicht automatisch, egoistisch zu handeln. Manches Mal ist ein Nein eine absolut selbstlose Handlung: Sie zeigen so, dass Sie sich selbst respektieren, über den gegenwärtigen Moment hinausdenken und darauf achten, was diese Entscheidung in Zukunft für Sie und andere bedeutet.

Wir können nicht jedem helfen

Anderen Menschen zu helfen ist Teil der menschlichen Natur und entscheidend für Ihre sozialen Bindungen. Aber in Wahrheit können Sie nicht jedem helfen. Versuchen Sie auf jeden Fall andere dabei zu unterstützen, deren Probleme zu lösen und Ziele zu erreichen. Aber denken Sie daran, dass diese Hilfe nicht nur Zeit, Energie und manches Mal sogar Geld kostet, sondern dass Sie dadurch auch Ihre Fähigkeiten (und Ihren Ruf) beeinflussen, zuverlässig und vertrauenswürdig zu sein, wenn Sie Ihre Versprechen nicht einhalten können.

Sie tun wirklich niemandem einen Gefallen (einschließlich sich selbst), wenn Sie zu jeder Bitte "Ja" sagen. Es kann sogar passieren, dass das Ja zur Enttäuschung und Verletzung führt. Der Schlüssel liegt darin, eine Balance zu finden, sich auf Ihre eigenen persönlichen Ziele und Prioritäten zu konzentrieren und gleichzeitig genügend Zeit für andere Menschen zu haben. Aber das erfordert das Setzen sehr klare Grenzen.

Warum Sie unbedingt öfters mal Nein sagen sollten

Wenn Sie öfters Nein sagen, haben Sie mehr Ressourcen für Ihre eigenen Probleme. Diese zu lösen, gibt anderen gleichzeitig die Chance, Ihre volle Konzentration und beste Leistung zu bekommen, wenn es darum geht, Ihnen zu helfen.

Wenn Sie zu etwas Nein sagen, sagen Sie in Wahrheit in diesem Moment Ja zu etwas anderem. Sie schaufeln sich dadurch mehr Freiraum und Energie frei, fokussieren sich auf die Dinge, die Ihnen wirklich wichtig sind und mit denen Sie wirklich etwas bewegen können.

Vier Schritte, die es leicht machen, Nein zu sagen

Es gibt eine Reihe von Schritten, die Ihnen helfen, leichter Nein zu sagen und so Ihre eigenen Grenzen zu wahren.

Schritt 1: Überlegen Sie sich gut, was auf dem Spiel steht

Bevor Sie zu irgendetwas Ja oder Nein sagen, fragen Sie sich bewusst, was tatsächlich auf dem Spiel steht. Berücksichtigen Sie dabei Ihre eigenen Grenzen und Möglichkeiten. Stellen Sie sich dazu folgenden Fragen:

  • Wenn ich jetzt Ja dazu sage, wozu sage ich gleichzeitig nein, weil ich das dann nicht machen kann?
  • Was sind die langfristigen Auswirkungen, Ja zu dieser Bitte zu sagen?

Schritt 2: Sagen Sie nicht gleich Ja oder Nein

Manchmal ist es besser, nicht immer gleich vor Ort eine Entscheidung zu treffen. Lassen Sie sich etwas Zeit und sagen Sie dem Bittsteller, dass Sie auf ihn zukommen werden, sobald Sie eine Entscheidung getroffen haben. In dem Moment, in dem Sie die Interaktion verlassen und sich Zeit nehmen, bewusst darüber nachzudenken, was wirklich auf dem Spiel steht, bekommen Sie die Klarheit, die Sie brauchen, um eine gute und ehrliche Entscheidung zu treffen.

Schritt 3: Bieten Sie alternative Lösungen an

Wenn Sie, warum auch immer, zu der Erkenntnis kommen, dass ein Nein an dieser Stelle besser ist, bieten Sie einen alternativen Vorschlag an, der der Person weiterhilft. Sie können zum Beispiel von einer ähnlichen Erfahrung erzählen und erläutern, was Ihnen damals geholfen hat. Oder Sie bitten andere Ressourcen und Werkzeuge an, die weiterhelfen könnten.

Ein Alternativvorschlag zeigt, dass Sie sich wohl Gedanken um die andere Person machen und dass Sie wirklich auch helfen wollen. Und Sie fühlen sich nicht schlecht, weil Sie einen Gefallen ausgeschlagen haben.

Aber Vorsicht: Machen Sie sich und dem anderen klar, dass eine Alternative nicht bedeutet, dass Sie sich verpflichten, jemanden zu helfen. Stellen Sie klar, dass Sie Grenzen haben, die es ebenso zu respektieren gilt. Geben Sie Ihrem Gegenüber einen Grund und eine Erklärung, das macht es leichter, das Nein zu akzeptieren.

Schritt 4: Bleiben Sie bei sich und schützen Sie Ihre Grenzen

Manch einer bleibt trotz Erklärungen hartnäckig und bittet und bettelt weiter, wohlwissend, dass Sie doch noch Ja sagen könnten. Wenn Sie das aber machen, verlieren Sie Respekt vor sich selbst und vor dem anderen. Ein Nein von Ihnen wird dann schnell gleichgesetzt mit einem "eigentlichen Ja, das nur anstrengender zu bekommen ist". So werden Sie schnell zur Fußmatte (everybodys darling- everbodys Depp) und all Ihre persönlichen Ziele und Prioritäten treten als Folge in den Hintergrund.

Wenn Sie Nein gesagt haben

Menschen tun sich viel leichter, Grenzen und Begründungen zu akzeptieren, wenn sie diese auch verstehen und (im besten Fall) nachvollziehen können. Deswegen:

  • Vermeiden Sie übertriebene Entschuldigungen. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, dass Sie Grenzen und Prioritäten haben.
  • Vermeiden Sie eine lange Liste an Ausreden, warum Sie etwas nicht tun können. Geben Sie stattdessen einen einfachen, ehrlichen Grund an, warum Sie etwas nicht tun können und lassen Sie es so stehen.
  • Bleiben Sie bei einem Nein immer nett, authentisch, ehrlich und respektvoll. Nur so werden Sie gute Beziehungen zu anderen Menschen pflegen.

Abschließende Gedanken

Zu lernen, Nein zu sagen, wird Ihnen sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Leben extrem weiterhelfen. Es gibt Ihnen nicht nur Zeit, sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu konzentrieren, und Ihre Fähigkeiten dort einzusetzen, wo Sie tatsächlich etwas bewegen können.

Ein Leben voller Nein ist allerdings auch ein Leben voller verpasster Möglichkeiten und unerforschter Möglichkeiten. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie sich bewusst machen, was Ihre Entscheidung letztlich für Auswirkungen haben wird.